Autobombe dämpft Euphorie

Mit einem Anschlag auf den Madrider Flughafen antwortet die baskische ETA auf die Ermittlungserfolge der spanischen Polizei. Verletzt wurde niemand. Doch personelle Nachwuchsprobleme hat die Separatistenorganisation bislang noch nicht

aus Madrid HANS-GÜNTER KELLNER

Eine Autobombe hat gestern auf dem Madrider Flughafen schwere Schäden angerichtet. Gegen sieben Uhr morgens hatte ein anonymer Anrufer die Behörden im Namen der baskischen Separatistenorganisation ETA vor dem Sprengsatz im Parkhaus des Inlandterminals gewarnt. Eine Stunde später explodierten rund 50 Kilo Sprengstoff. Verletzt wurde niemand. Zum Zeitpunkt der Explosion suchen Polizisten im Parkhaus noch nach dem Auto. Offenbar richtete sich der Sprengsatz gezielt gegen die Beamten. Ein neues Attentat war in Spanien seit letzter Woche befürchtet worden, als die Sicherheitskräfte gleich zwei ETA-Kommandos festnehmen konnten.

Die Polizei hatte am Freitag in Barcelona sechs mutmaßliche ETA-Mitglieder verhaftet und Sprengstoff und Waffen sichergestellt. Zu den Festgenommenen gehört der Katalane Fernando García Jodrá, der bei der letzten Festnahme eines ETA-Kommandos in Barcelona im Januar 2000 fliehen konnte. Die Ermittler werfen ihm die Beteiligung an mindestens drei Morden vor, unter anderem an dem Sozialisten Ernest Lluch, der stets für einen Dialog auch mit radikalen baskischen Nationalisten plädiert hatte.

Die Polizei hatte die Gruppe seit mehreren Wochen beobachtet. Dabei sahen sie auch, wie einige der mutmaßlichen Attentäter einen enormen Blumenkübel aus ihrem Fahrzeug luden. Damit sei möglicherweise ein neuer Anschlag geplant gewesen, sagte ein Polizeisprecher nach den Festnahmen.

Bei der Durchsuchung mehrerer Wohnungen fanden die Polizisten auch 250 Kilo Sprengstoff, der aus einem Bestand von 1,6 Tonnen Tidadine stammt, das im März in Grenoble gestohlen worden war. Das Material ist zwar einsatzfähig, nach Einschätzung der spanischen Experten jedoch in so schlechtem Zustand, dass es sich auch selbst entzünden könne. In der letzten Zeit hatten sich ETA-Mitglieder immer wieder selbst in die Luft gejagt, offenbar auch wegen des mangelhaften Zustands des Sprengstoffs.

Galten die Festnahmen in Barcelona schon als wichtiger Ermittlungserfolg, verbreitete sich in Spanien am Mittwoch nach der Verhaftung mehrerer Mitglieder des „Kommandos Donosti“ in San Sebastián regelrecht Euphorie. Vier mutmaßliche ETA-Attentäter und drei weitere „Kollaborateure“ wurden von der die baskischen Regionalpolizei festgenommen. Die Freude ist verständlich: In und um San Sebastián hat der Separatismus unter den Basken noch am meisten Rückhalt, bekommt die ETA-Partei Herri Batasuna am meisten Stimmen und genießt die ETA offene Sympathie. Der Polizeierfolg gilt als „Schlag im Stammland der ETA“.

Doch wichtiger als solch symbolische Werte dürfte den Behörden die Aufdeckung von ETA-Strukturen sein. Zwei der Verhafteten, Javier Makazaga Azurmendi und Santiago Vicente Aragón Iroz, hält die Polizei seit Jahren für Koordinatoren einer ganzen Reihe von „Satelliten-Kommandos“ im Raum San Sebastián. Die Behörden messen auch der Sicherstellung technischen Materials große Bedeutung bei. Trotz der Ermittlungserfolge ist fraglich, ob die ETA diesmal wirklich mittelfristig wirksam geschwächt ist.

Die Attentäter wollten mit ihrer Aktion auf dem Madrider Flughafen eine schnelle Reaktion zeigen. Zudem konnte die ETA bisher noch jedes aufgeflogene Kommando ohne große Probleme ersetzen. So hatten die spanischen Behörden vor der neuesten Festnahme in Barcelona erst im Januar schon einmal von der Verhaftung des „Kommandos Barcelona“ gesprochen. Jetzt, nur rund ein halbes Jahr später, wurde eine neue Gruppe verhaftet.