Fischer verteidigt die Grünen

Außenminister Joschka Fischer weist die Vorwürfe des grünen Europaabgeordneten Daniel Cohn-Bendit im Zusammenhang mit der Globalisierungsdebatte zurück. Die Forderungen der Demonstranten seien Bestandteil grüner Politik

von HEIKO HÄNSEL

Joschka Fischer bleibt bei seiner grundsätzlichen Skepsis gegenüber den Globalisierungskritikern. Allerdings relativierte der grüne Außenminister im Nachrichtenmagazin Der Spiegel seine frühere Aussage, diese würden einem „abgestandenen linksradikalen Antikapitalismus“ anhängen. Der gewaltlose Protest sei „jede Unterstützung wert“, so Fischer. Er warne lediglich vor „der Gewalt und einer überkommenen linksradikalen Ideologie“. Dies seien die Hauptfehler der Protestbewegung von 1968 gewesen. Er habe in der Gewaltfalle „schon viele soziale Bewegungen scheitern sehen“. Fischer forderte die Aktivisten der Bewegung auf, aus der Geschichte zu lernen.

Damit reagierte der Vizekanzler offensichtlich auf ein Interview mit Daniel Cohn-Bendit , das in der vergangenen Woche in der taz erschienen war. Darin hatte der Europa-Abgeordnete der französischen Grünen Fischer vorgeworfen, er habe die „Wahrnehmung des Herrschenden“. Die deutschen Grünen würden der jungen sozialen Bewegung mit demselben Unverständnis begegnen wie einst die Regierung Helmut Schmidt der Friedens- und Ökologiebewegung.

Diesen Vorwürfen begegnet Fischer nun im Spiegel mit der Aussage, zahlreiche Forderungen der Demonstranten von Göteborg und Genua seien Bestandteil grüner Politik. Fischer verwies unter anderem auf die jüngste Initiative der Bundesregierung zur Entschuldung der 23 ärmsten Länder der Welt.

In der Einschätzung der Globalisierungsbewegung besteht zwischen Cohn-Bendit und Fischer also ein deutlicher Unterschied: Während für den französischen Europaabgeordneten die Auseinandersetzung der Grünen mit den Anliegen der Demonstranten von Göteborg und Genua erst angefangen hat, behauptet der deutsche Außenminister, die Grünen seien im Grunde schon immer die besten Globalisierungskritiker gewesen.

An anderer Stelle ist die Übereinstimmung größer. Beide Politiker halten die Ausgestaltung der Europäischen Union für die wichtigste Antwort auf die Globalisierung. Diese solle demokratisch, sozial gerecht und ökologisch erfolgen. Allerdings gibt es auch hier einen markanten Unterschied zwischen beiden. Fischer äußerte sich nicht zu dem Ziel seines alten Weggefährten, die EU zu einem antineoliberalen, gegen die USA gerichteten politischen Block zu machen. Cohn-Bendit hatte in der vergangenen Woche erneut die Diskussion um eine europäische Verfassung angestoßen.

Der Grünen-Bundesvorsitzende Fritz Kuhn stellte sich am Wochenende auf die Seite Fischers. Er begrüßte zwar die von Cohn-Bendit angestoßene Debatte, dessen Kritik sei jedoch überzogen und zu pauschal. Allerdings müsse sich die grüne Partei stärker auf die Bewegung „beziehen“.

Die Globalisierungsdebatte vollzieht sich im Vorfeld der Diskussion über ein neues grünes Parteiprogramm. Ab Ende August werden Regionalkonferenzen den gegenwärtigen Entwurf, in dem auch die Globalisierung einen bedeutenden Platz einnehmen soll, diskutieren.