Himmelblaue Zukunft für IR

Die Vivendi-Tochter Connex plant den Angriff auf die Bahn beim Fernverkehr: Sie will die Interregio-Strecken übernehmen und rentabel betreiben, die die Bahn schließen will

BERLIN taz ■ Zum ersten Mal meldet sich ein ernsthafter Konkurrent zur Deutschen Bahn auch im Fernverkehr: Das private Bahnunternehmen Connex, eine Tochter der französischen Vivendi-Konzerns, möchte das Interregio-Netz von der DB übernehmen. Das erklärte gestern Hans Leister, Geschäftsführer des Personenverkehrs bei Connex. Das Unternehmen verspricht viel: Die Fahrgastzahlen sollen steigen, die Preise sinken und sämtliche Verbindungen auf dem heutigen Stand erhalten bleiben.

Connex will die Interregio-Züge in „ICX“ umtaufen. Schon Ende 2002 sollen nach diesen Plänen die ersten Züge rollen. Mit seinem Angebot füllt das Unternehmen eine Lücke am Markt. Denn die Bahn hatte angekündigt, die Interregio-Verbindungen bis 2004 komplett zu streichen, weil sie nicht wirtschaftlich seien. Connex ist da anderer Ansicht: Mit dem richtigen Marketing und besseren Fahrzeugen sei es möglich, die Strecken rentabel zu befahren. Den Wagenpark und die Angestellten will Connex von der Bahn übernehmen, die himmelblauen ICX sollen nicht mehr so „stiefmütterlich“ behandelt werden wie bei der Bahn, sondern „im Rampenlicht stehen“.

Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßte die Pläne von Connex: „Der Wettbewerb kann der Bahn und vor allem den Fahrgästen nicht schaden“, sagte Pro-Bahn-Sprecher Frank von Meißner. Connex ist mit einem Marktanteil von drei Prozent bereits der größte Konkurrent der Bahn im Nahverkehr. Auch Albert Schmidt, Verkehrspolitiker der Grünen und Aufsichtsrat der Deutschen Bahn, begrüßte den „Zugzwang“, unter den Connex die Bahn setze: Entweder Connex führe die Strecken weiter oder die Bahn überlege noch einmal, ob sie sie nicht selbst betreiben könne, sagte Schmidt. Die bisherigen Regeln über die Finanzierung des Schienenverkehrs sollten so geöffnet werden, dass „den Ländern freigestellt wird, auch diese Interregio-Verkehre in die Finanzierung aufzunehmen“.

Die Franzosen wählten einen ungewöhnlichen Weg für den Start der Verhandlungen: Statt vorher mit der Bahn, den Ländern oder dem Bund zu reden, gingen sie gestern direkt in die Öffentlichkeit, um „das breite Interesse für das Thema zu wecken“. Hans Leister von Connex stellte dabei gleich eine Reihe Forderungen an die Bahn: Voraussetzung für die Übernahme der Strecken sei, dass Connex auf die Interregio-Züge der Bahn zurückgreifen könne. „Eine Mark als symbolischer Kaufpreis wäre denkbar“, sagte Leister. Außerdem baut er auf Zuschüsse der Bundesländer, die auch die Interregio-Verbindungen der Bahn unterstützen.

Sollte Connex die Interregios tatsächlich übernehmen, würde das Monopol der Bahn beim Fernverkehr fallen. Die Bahn versuche das zu verhindern, vermutet Leister. Bewusst streiche das Unternehmen immer nur wenige Interregio-Verbindungen auf einmal, damit kein privater Anbieter in die Lücke springen könne. CONSTANTIN VOGT