Showdown auf dem Showdampfer

Am 1. September folgt Manfred Teubner Viktor Worms als neuer ZDF-Unterhaltungschef. Er tritt ein schweres Erbe an, denn das Zweite ist nicht mehr so lustig, wie es einmal war. Eine kleine Revue der Spaßbeauftragten auf dem Mainzer Lerchenberg

von ALEXANDER KÜHN

Umziehen ist mühsam. Einpacken, schleppen, auspacken. Gut, dass Manfred Teubner nur ein Zimmer weiter ziehen muss. Von 351 nach 349 im dritten Stock des Mainzer ZDF-Hochhauses. Noch ist er Stellvertreter des Unterhaltungschefs – am 1. September übernimmt der 51-Jährige selbst das hohe Amt. Der bisherige Chef-Unterhalter Viktor Worms leitet künftig mit Christoph Gottschalk die Geschicke von dessen Firma Dolce Media.

Und weil Christoph sich mit seinem Bruder Thomas gut versteht, leiht er den Viktor für „Wetten, dass ...?“ weiter an den Sender aus – als Produzenten. Als Unterhaltungschef muss man schlichtweg bessere Sendungen produzieren als andere Sender; man muss aber auch im eigenen Haus für die Unterhaltung kämpfen, denn Bildung und Information stehen ja auch noch auf dem Spielplan.

Otto Meissner zumindest ist froh, dass er heute kein Unterhaltungschef ist. Er war es von 1963 bis 1966, als die Welt noch schwarzweiß war, aber in Ordnung. Seine Freunde vom Film nahm er mit zum ZDF: Peter Alexander, Heinz Erhardt, Caterina Valente. Nach drei Jahren machte sich Meissner wieder selbständig. Auch heute noch, mit 76 Jahren, leitet er seine Firma Novafilm, produziert Serien wie „Der letzte Zeuge“, und „Der Landarzt“.

Nach ihm machte Heinz Oepen den Job dann bis Ende 1971. „Wünsch Dir was“ mit Vivi und Dietmar, „Vergissmeinnicht“ mit Peter Frankenfeld waren zu seiner Zeit die Aushängeschilder. Peter Alexander präsentierte „Spezialitäten“, und im Mai 1971 hüpfte Hans Rosenthal erstmals vor der Bienenwaben-Kulisse von „Dalli Dalli“ in die Luft. Was Heinz Oepen heute macht, weiß keiner so genau. Gerüchten zufolge lebt er entweder in Spanien oder schippert über die Weltmeere.

Sein Nachfolger Peter Gerlach, in den 50ern Film-Assistent von Otto Meissner, berät Produktionsfirmen und lehrt an der Uni Hamburg. Heute sagt er zwar: „So was wie Unterhaltungschef sollte man nicht länger als fünf Jahre machen.“ Er aber machte es acht Jahre lang. Ende 1980 gab er das Amt ab, blieb dem ZDF zunächst jedoch verbunden und brachte 3sat mit auf den Weg. Seine Probleme von damals hätte das ZDF heute gerne: „Unsere Unterhaltung war so erfolgreich, dass uns das zum Vorwurf gemacht wurde“, erinnert sich Gerlach. „Es hieß immer: Euer Sender ist doch nur ein Musik- und Showdampfer.“

Gerlachs Nachfolge trat Wolfgang Penk an, der ganze zehn Jahre ZDF-Unterhaltungchef bleiben sollte. „Peter Gerlach hatte mir ein gutes Erbe hinterlassen – allerdings auch einen betrunkenen Harald Juhnke.“ Der hatte 1979 nach dem Tod von Peter Frankenfeld die Sendung „Musik ist Trumpf“ übernommen. Die Show lief gut, Juhnke belohnte sich dafür aber zu oft mit einem Gläschen Hochprozentigem. Dann lief es nicht mehr so gut. Ende 1981 stellte das ZDF die Show ein.

Doch da lief bereits „Wetten dass ...?“, bis heute der größte Erfolg des Senders und Unterhaltungs-Chefsache. Ein Höhepunkt im Dasein des Zweiten wurde auch die „Schwarzwaldklinik“. Penks vielleicht größter Flop war „Nase vorn“, Elstners mit großer Spannung erwartete neue Show. 1991 ging Penk – obwohl ihm Intendant Dieter Stolte einen Vertrag auf Lebenszeit gegeben hatte. Seither produziert er Sendungen wie die Sat.1-Silvestershow vom Brandenburger Tor.

Mit wachsender Konkurrenz der Privatsender wurde der Job erst so richtig schwierig. Fortan durfte oder wollte keiner mehr lange oberster ZDF-Unterhalter sein. Wolfgang Neumann machte es von 1991 bis 1993; er hatte Marianne und Michael zum ZDF geholt, hatte die „Versteckte Kamera“ und „Salto Postale“ eingeführt. Doch in der Presse machten er vor allem durch Flops von sich reden. Hans-Joachim Kulenkampff übernahm von Wim Thoelke den „Großen Preis“. Nun war das Quiz nicht mehr so bieder wie früher, doch die Regeln waren für Kuli nicht so wichtig. Fürs ZDF schon, und so warf der Altmeister das Handtuch. Caroline Reiber machte weiter, aber auch nicht lange.

Zum größeren Problem wurde „Wetten dass ...?“, als Gottschalk ging. Wolfgang Lippert wurde Neumanns neuer Mann – obwohl, Gerüchten zufolge, Hape Kerkeling im Gespräch gewesen sein soll. Produzent der Sendung war damals Fred Kogel. Neumann selbst hatte ihn zum ZDF geholt; beim Bayerischen Rundfunk war Kogel sein Assistent gewesen. Als 1993 klar war, dass Gottschalk bei RTL nicht glücklich wurde, lockte Kogel den großen Blonden mit Stoltes Hilfe wieder zurück – und wurde bald darauf zum neuen Unterhaltungschef gekrönt. Wolfgang Neumann ist seither ZDF-Redakteur für besondere Projekte und betreut unter anderem „Melodien für Melodien“.

Die Rückkehr von Gottschalk war Kogels größter Erfolg beim ZDF. Durchgesetzt hat sich auch seine Idee, die großen Shows nicht mehr samstags zu senden, sondern sonntags – von „Wetten dass ...?“ abgesehen. Flops wie die „Mondscheinshow“ waren Teil seines Plans, das ZDF auf jugendlich zu trimmen. Sein recht forsches Vorgehen bezeichnet Kogel heute selbst als „Gewaltakt“, zumal er die Verjüngungskur gar nicht ganz durchziehen konnte. Bereits 1995 winkte Leo Kirch mit dem Chefposten von Sat1. Kogel griff zu. „Als Unterhaltungschef hat man ja immer das Problem, dass man nur über bestimmte Programmplätze verfügen kann. Mein Traum war es schon immer, einen ganzen Sender prägen zu können.“ Inzwischen arbeitet der 40-Jährige in hoher Position für Kirch Media.

Sein Nachfolger Axel Beyer war eigentlich schon lange genug Unterhaltungschef gewesen, erst beim SFB, dann beim WDR. Von 1995 bis 1998 machte sich Kogel dann doch noch mal für öffentlich-rechtliche Unterhaltung stark. Er brachte Dirk Bach und Ralph Morgenstern, bei „Wetten dass ...?“ hielt Comedy Einzug. Beyer ging zu Endemol, wo er inzwischen „Big Dinner“ produziert, die neue Show von Jürgen von der Lippe. Seinem Nachnachfolger Manfred Teubner wünscht er, dass er den Spagat hinkriegt: junge Zuschauer gewinnen und die Stammseher behalten.