Einwanderung nur mit viel Grips oder viel Geld

Innenminister Otto Schily legt Konzept zur Einwanderung vor. Entwurf hält sich streng an das Prinzip der wirtschaftlichen Nützlichkeit. Viel Lob von CDU/CSU und FDP. Kritik von Pro Asyl

BERLIN taz ■ Innenminister Otto Schily darf sich freuen. Die Union reagierte gestern weitgehend positiv auf seinen Entwurf für ein neues Zuwanderungsgesetz. „Wir können ja nicht ernsthaft beklagen, dass Schily einige Beschlüsse der CDU aufgenommen hat“, sagte Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach der taz, „wir fühlen uns gestärkt.“ Auch SPD und FDP lobten Schily und erkannten viele ihrer eigenen Vorstellungen im Gesetzentwurf wieder. „Das ist ein Paradigmenwechsel, weg von einer auf Abwehr konzentrierten Politik zu einer gesteuerten Zuwanderungspolitik“, sagte der Leiter der SPD-Arbeitsgruppe Zuwanderung, Ludwig Stiegler. Bei den Grünen hielt sich die Begeisterung dagegen in Grenzen.

Schily schlägt in seinem Gesetzentwurf vor, das bisher höchst komplizierte Ausländerrecht zu vereinfachen. Künftig soll es nur noch eine befristete Aufenthaltserlaubnis oder eine unbefristete Niederlassungserlaubnis geben. Die Steuerung der Einwanderung will der Innenminister vor allem „an unseren eigenen wirtschaftlichen Interessen“ ausrichten. Quoten lehnte er ab, betonte jedoch: „Jede Steuerung ist implizit eine Begrenzung.“

Uneingeschränkt willkommen sind Schily nur hoch qualifizierte Fachkräfte wie „Ingenieure, Informatiker, Mathematiker sowie Führungspersonal in Wissenschaft und Forschung“. Ihnen will er einen „Daueraufenthalt von Anfang an“ gewähren – anders als bei der Green-Card-Regelung, die den Aufenthalt auf fünf Jahre begrenzte. Auch reiche Investoren sind jederzeit willkommen.

Ähnlich wie die Süssmuth-Kommission will Schily auch eine begrenzte Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte ermöglichen, die kein konkretes Jobangebot vorweisen können. Für diese Gruppe soll es ein Punktesystem geben – das aber „voraussichtlich zunächst nur einer sehr begrenzten Anzahl von Zuwanderern offen stehen wird“.

Beim Asylrecht sieht Schily geringfügige Verbesserungen für Flüchtlinge vor, die bisher durch die Genfer Flüchtlingskonvention geschützt sind. Schily will ihren Status dem von Asylberechtigten angleichen. Beide Gruppen erhalten zunächst einen befristeten Aufenthaltstitel und freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Nach drei Jahren soll einmalig überprüft werden, ob die Asylgründe noch bestehen. Beim Familiennachzug kommt Schily der Union entgegen. Das Nachzugsalter soll von 16 auf 12 Jahre gesenkt werden. SPD und Grüne wollten dagegen das Nachzugsalter auf 18 Jahre anheben. Enttäuscht reagierte Grünen-Parteichefin Claudia Roth: Schilys Konzept sei „kein rot-grüner Entwurf“. Es gebe „Nachbesserungsbedarf“. Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl und amnesty international kritisierten Schilys Entwurf, weil er „Schutzlücken“ für Asylsuchende enthalte. Dazu zählten der Schutz von Opfern nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung und die rechtliche Besserstellung unbegleiteter Flüchtlingskinder.

LUKAS WALLRAFF

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