Debatte um Israel

Bundesregierung und Zentralrat der Juden widersprechen Möllemanns Vorwurf, Israel betreibe „Staatsterrorismus“ gegen die Palästinenser

BERLIN dpa/ap ■ Die harsche Kritik von Jürgen Möllemann, dem stellvertretenden Vorsitzenden der FDP, an der Politik des israelischen Premierministers, Ariel Scharon, hat in Deutschland eine Debatte über die israelische Haltung gegenüber den Palästinensern entfacht.

Möllemann, der auch Vorsitzender der Deutsch-Arabischen Gesellschaft ist, hatte im Rundfunk gesagt, die Regierung Scharon betreibe „erklärten Staatsterrorismus, der durch nichts zu rechtfertigen ist“. Israel könne daher keine internationale Unterstützung erwarten.

Möllemann hatte sich auf die israelische Praxis bezogen, mutmaßliche palästinensische Terroristen gezielt zu töten. Zuletzt waren bei einem Angriff auf die Zentrale der radikal-islamischen Hamas in Nablus am Dienstag acht Menschen getötet worden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, wies Möllemanns Äußerung zurück: „Die israelische hat ebenso wie jede andere demokratische Regierung der Welt nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, zum Schutz der Bevölkerung und damit unschuldiger Zivilisten, Terroristen oder potenzielle Gewalttäter mit angemessenen Mitteln zu bekämpfen.“ Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer (Grüne), warf Möllemann „einseitige Parteinahme und Pauschalverurteilungen“ vor. Die Bundesregierung vertrete eine unparteiische Linie gegenüber Israelis und Palästinensern. Die FDP hingegen steuere einen „völlig erratischen und verantwortungslosen Kurs“.

Die Europäische Union kritisierte die von Israel als Prävention bezeichneten Angriffe auf Anführer des palästinensischen Aufstands. Diese, erklärte die belgische Ratspräsidentschaft, stellten einen Verstoß gegen internationales Recht dar. Auch Experten halten die Ermordungen für völkerrechtswidrig: „Israel vollzieht praktisch Anklage, Verurteilung und Vollstreckung in einem“, sagte gestern Rüdiger Wolfrum, Direktor des Max-Planck-Instituts für Völkerrecht. Dies sei zudem ein Verstoß gegen israelisches Recht.

Der palästinensische Präsident Yassir Arafat bekräftigte gestern seine Bereitschaft zu einer Waffenruhe. Der israelische Premierminister Scharon äußerte sich pessimistisch: Zurzeit glaube er nicht an einen umfassenden Frieden. Zugleich ließ Scharon Gerüchte dementieren, wonach Israel sich auf eine Zustimmung zu der auch von der EU und den USA geforderten internationalen Beobachtergruppe „zubewegt“. „Israel ist nur bereit, eine Aufstockung der bereits (seit 1998) anwesenden CIA-Beobachtergruppe zu akzeptieren“, sagte ein Sprecher.