Nationales Erwachen in Springerstiefeln

Die rumänische Neonaziorganisation „Neue Rechte“ hat den Roma den Krieg erklärt. Doch die Polizei wiegelt ab

BERLIN taz ■ „Tod den Juden, Geschäftemachern und Zigeunern.“ Diese Losung hatten im letzten Jahr Unbekannte mit weißer Farbe an die Wand einer Unterführung in Temeswar geschrieben. Inzwischen sind die Buchstaben fast verblasst. Aber ähnliche rassistische Schmierereien sind kürzlich in mehreren Städten Rumäniens aufgetaucht. Dagegen protestierten nun die rumänischen Romaverbände, die ein energisches Eingreifen der Polizei und Justiz forderten.

Doch die Polizei versucht die Vorfälle herunterzuspielen: Von einer ernsthaften Gefährdung der Roma seitens rechtsextremer Gruppierungen könne nicht gesprochen werden, erklärte der Leiter der Abteilung Strafverfolgung der Bukarester Polizei bei einer öffentlichen Debatte, an der kürzlich Vertreter des rumänischen Helsinki-Komitees, der Romaorganisation „Romani Criss“ und des UN-Kommissars für Flüchtlinge teilnahmen.

„Romani Criss“ legte dabei zahlreiche Beispiele von Diskriminierungen vor. So würde Angehörigen der Romaminderheit wegen ihrer dunklen Hautfarbe der Eintritt in vielen Diskotheken und öffentlichen Lokalen verweigert. Gleichzeitig machte der Romaverband auf die neofaschistische Gruppierung „Organisation ‚Neue Rechte‘ “ aufmerksam, die auf ihrer Internetseite den „kriminellen Zigeunern“ den Krieg erklärt und fordert, Rumänien ethnisch zu reinigen. „Wir sind Zeugen eines nationalen Erwachens. Wir wollen nichts mehr von einer Romasprache hören, keine gebogenen Nasen und bläulichen Lippen mehr sehen“, heißt es in einem programmatischen Text der Internetpublikation Neue Rechte. Die rassistisch-militante Organisation, die 1999 gegründet wurde und deren Mitglieder in schwarzen Uniformen und in Springerstiefeln auftreten, hat sich auch gegen die Liberalisierung des Schwulenparagrafen und die „Umtriebe“ so genannter religiöser Sekten ausgesprochen.

Zu den Unterstützern der Organisation gehört Ion Coja, Linguistikprofessor an der Bukarester Universität und Verfasser mehrerer rechtsradikaler und revisionistischer Schriften. In einem Leitartikel für die Publikation Neue Rechte begrüßte Coja den nationalen Idealismus der offensiven „jungen Generation“. Coja ist seit der Wende von 1989 durch seine ablehnenden Äußerungen zu Menschenrechten, Demokratie, dem Rechtsstaat sowie durch sein Plädoyer gegen die multikulturelle Gesellschaft aufgefallen. Mit seiner kürzlich gegründeten „Liga zur Bekämpfung des Antirumänenismus“ will der notorische Holocaustleugner ähnliche Ziele verwirklichen wie die „Neue Rechte“.

Auf einem Kongress der Liga im Juni in Bukarest stellte Coja einen Gesetzesentwurf vor, der eine juristische Gleichstellung von Antisemitismus und Antirumänismus vorsieht. „In Rumänien existiert ein besonders gut organisierter institutionalisierter Antirumänismus, der von jenen Kräften gesteuert wird, die von einem Holocaust in unserem Land sprechen“, begründete er sein Vorhaben. WILLIAM TOTOK