Rebellen rebellieren gegen Rebellen

Uganda ist dabei, seine Armee aus dem Kongo zurückzuziehen. Dabei hinterlässt es politisches Chaos. Die Rebellenfront FLC, die das nördliche Drittel des Kongo beherrscht, steht vor dem Zerfall; im aufmüpfigen Nordosten des Kongo droht neuer Krieg

von DOMINIC JOHNSON
und LEVI OCHIENG

Am Ende verlangten sie nur eines: den Besuch von François Lumumba. Begeistert empfingen die Anhänger der Miliz „Lumumbistischer Nationaler Widerstand“ (RNL) in ihrem Hauptquartier Vihya nahe der Stadt Butembo, am Samstag den Sohn des 1961 ermordeten kongolesischen Freiheitshelden Patrice Lumumba, den eine norwegische Hilfsorganisation extra eingeflogen hatte. Milizführer General Lolwako schenkte dem Lumumba-Sohn ein Leopardenfell. Dann ließ er 18 Geiseln frei – 17 Thailänder und einen Kenianer. Es war der Rest einer Gruppe von 24 Angestellten eines thailändischen Sägewerks, die die RNL im Mai gekidnappt hatte. Die RNL ist eine von vielen lokalen Milizen im Osten Kongos, die kollektiv als „Mayi-Mayi“ bekannt sind.

Der bizarre Vorgang unterstreicht das Chaos im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo, wo nominell die „Kongolesische Befreiungsfront“ (FLC) unter Jean-Pierre Bemba mit Unterstützung der Armee des Nachbarlandes Uganda herrscht. Die Bevölkerung der Region, eine der ärmsten des Landes, hofft auf Frieden, seit zwischen den Kriegsparteien des Kongo Waffenstillstand herrscht und UN-Truppen ins Land kommen. Aber stattdessen bekommt sie neue Instabilität: Ihre Machthaber streiten um die Vorherrschaft.

Uganda hatte die FLC zu Jahresbeginn als Dachverband aller unter seinen Fittichen kämpfenden kongolesischen Rebellenbewegungen gegründet, um das 1998–99 eroberte nördliche Drittel des Kongo politisch zu einen. Bemba, Führer der MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung), wurde Präsident der neuen Front und übernahm damit auch die Herrschaft über Kongos Nordosten. Dort regierte vorher die RCD-ML (Kongolesische Sammlung für Demokratie/Befreiungsbewegung), eine Uganda-treue Abspaltung der von Ruanda unterstützten RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), die den restlichen Osten des Kongo beherrscht (siehe Karte).

Aber im Einklang mit dem UN-überwachten Friedensprozess im Kongo zieht Uganda nun den Großteil seiner Armee ab – und mit diesem Rückzug zerbröselt auch die FLC. 93 leitende Mitarbeiter von RCD-ML-Führer Mbusa Nyamwisi, der bei der Gründung der FLC ihr Vizepräsident wurde, sagten sich im April von der Front los und verlangten ihre Auflösung. Sie stellten sich damit hinter Mbusas Vorgänger als RCD-ML-Chef, Professor Ernest Wamba dia Wamba. „Bemba wird von der Bevölkerung als von Uganda aufgezwungen betrachtet“, sagt Wamba.

Mbusa Nyamwisi lehnt eine Spaltung der FLC ab. „Jeder, der denkt, er kann hier auf eigene Faust arbeiten, begeht politischen Selbstmord“, sagt er. Aber inzwischen kommt es zu Spannungen zwischen Bemba und Mbusa, die die Einheit der Front gefährden. So verwehren Bembas Truppen Mbusas Soldaten den Zugang zum Grenzübergang Kasindi östlich von Butembo, über den der Großteil des Handels zwischen Uganda und Kongos Rebellengebiet abgewickelt wird und der mit Zolleinnahmen von 2,5 Millionen Dollar im Monat die einträglichste Finanzquelle der Region darstellt.

Wenn Mbusas RCD-ML komplett in Opposition zu Bemba gerät, hat Uganda keine Alliierten im Nordosten des Kongos mehr. Die lokale Bevölkerung lehnt Bembas Truppen, die aus dem Nordwesten des Kongo kommen, als Fremdlinge ab. Die RCD-ML-Kader kritisieren außerdem die autoritären Befehlsstrukturen der FLC und fordern eine Rückkehr zu kollektiven Entscheidungsmechanismen.

Die Unzufriedenheit stärkt lokale Milizen wie eben die Mayi-Mayi, die Uganda und die FLC bekämpfen. Sie haben die Kontrolle über große Teile der Region um Butembo übernommen und finanzieren sich durch die Förderung des seltenen Erzes Colombo-Tantalit (Coltan). Sie haben sich mit Milizen des Lendu-Volkes verbündet, die in den letzten Jahren einen blutigen Krieg gegen ihre Rivalen vom Hema-Volk mit zehntausenden Toten führten und erst dieses Jahr unter Bembas Ägide Frieden schlossen.

Ende letzter Woche brachen in Butembo Kämpfe zwischen FLC-Truppen und Mayi-Mayi-Milizen aus. Nun drohen alle Konflikte des Nordostkongo neu auszubrechen. Das Chaos bedeutet, dass Ugandas Intervention im Kongo praktisch gescheitert ist.