TRITTIN WILL SICH ZU PLUTONIUMDIEBSTAHL NICHT ÄUSSERN
: Schweigen ist auch ein Kommentar

Die Bundesregierung will es sich mit den Atomkraftgegnern wohl endgültig verderben – auch mit denen in den eigenen Reihen. Die mussten schon das „Atomausstiegsgesetz“ verdauen. Genauso wie die logischen Atommülltransporte von Frankreich nach Deutschland und die unlogischen in umgekehrter Richtung. Einige Sozialdemokraten und viele Grüne hatten es also bislang schwer an der Heimatfront.

Doch jetzt weigert sich Bundesumweltminister Jürgen Trittin auch noch, die unglaublichen Vorgänge wenigstens zu kommentieren, die den Diebstahl von radioaktiv verseuchten Materialien aus der Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe (WAK) möglich machten. Dieses hartnäckige Schweigen wird die Regierungsparteien erst recht von der Basis entfremden. So wird Trittin jedenfalls nicht zum „Zugpferd“ (Parteichef Kuhn) der Grünen im Bundestagswahlkampf.

Es wird sich rächen, zu ignorieren, wie groß die Empörung darüber ist, dass die Landesregierung in Stuttgart den Abbau von Kontrollsystemen in der WAK einfach genehmigte. Nicht nur die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen in Stuttgart und in Mainz prangern dies an; in der Pfalz wehren sich die Bürger aktiv gegen die Atomindustrie und das „Kartell des Schweigens“ – dem jetzt auch Trittin angehört. Die Pfälzer verstehen zu Recht nicht, wie es sein kann, dass man kommentarlos darüber hinweggeht, dass zwei Wohnungen für immer verstrahlt sind und nicht geklärt ist, wie die Lebensgefährtin des Atomdiebs mit Cäsium 137 kontaminiert wurde.

Doch damit noch nicht genug. Ausgerechnet die Atomabteilung von Trittin nimmt den schon schwer angeschlagenen Umweltminister von Baden-Württemberg aus der Schusslinie, obwohl Ulrich Müller (CDU) Hinweise auf Sicherheitsprobleme in der WAK ignorierte. Auch die WAK selbst kommt bei Trittin glimpflich davon. Die spezifischen Mängel dort spielen nur noch eine marginale Rolle. Einziges Ergebnis der Aufarbeitung der Affäre: Ein zuvor abgezogener Kontrollposten soll wieder zum Einsatz kommen.

Um den Atomkonsens nicht zu gefährden, will sich Trittin wohl partout nicht mit den Energieversorgungsunternehmen anlegen, die das WAK betreiben. Aber warum sucht er dann nicht wenigstens den Konflikt mit der schlampenden Atomaufsicht von Baden-Württemberg? Weil vielleicht herauskommen könnte, dass Trittin und seine Atomabteilung in Berlin kein Veto gegen die Genehmigung der sicherheitsmindernden Maßnahmen durch das Land eingelegt haben? Wir wissen das noch nicht so genau, denn: Trittin schweigt.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT