VÄTER-STUDIE: ZWEI EINKOMMEN MACHEN NOCH KEINE ERZIEHUNG
: Wenn die Küche kalt bleibt

Keine Frage, es gibt sie, die „neuen Väter“. Am Wochenende radeln sie mit ihren Sprößlingen, oder alle gemeinsam gehen zum Fußball. Manchmal nehmen die Väter sogar an Elternabenden in der Schule teil. Und doch klaffen die Bereitschaft, mehr Verantwortung für die Kinder zu übernehmen, und die Wirklichkeit weit auseinander.

Denn in den meisten Familien sind die Einkommensunterschiede so groß, dass ein Erziehungsurlaub für Papa schon aus finanziellen Gründen unmöglich ist. Dann bleibt die junge Mutter mit ihrer Angst um einen beruflichen Wiedereinstieg zu Hause sitzen. Ausschlaggebend aber ist die kulturelle Geringschätzung von Familienarbeit und Erziehungsleistungen: Auf welcher Stufe der sozialen Hierarchieleiter wir stehen, entscheidet die berufliche Position. Pamperswechseln, Spülen und die Zeit für ein Gespräch mit den Jüngsten gelten hingegen nicht. Entsprechend bezeichnen sich Männer, die sich um Haushalt und Kinder kümmern, lieber als Arbeitslose denn als Hausmänner.

Auf diesen sozialen Status von Familienarbeit und Erziehung hat Politik einen – nicht erst mit Beginn der rot-grünen Regierung – fatalen Einfluss. Sozial- und Familienpolitik werten häusliche Erziehungsarbeiten gezielt ab, um das in der gleichzeitigen Berufstätigkeit von Mütter und Vätern beruhende „Zweiernährermodell“ zu forcieren. Im Ergebnis werden damit zwar mehr Frauen vom Herd weg, aber eben nicht mehr Männer in die Küche hineinwechseln. Eine größere Zahl erwerbstätiger Mütter führt dann nicht zu Vätern, die mehr Zeit, Zuwendung und Zärtlichkeit für ihre Kinder aufwenden, sondern zu mehr Frauen, die unter der Dreifachbelastung von Beruf, Kinderbetreuung und Haushaltsführung stöhnen. Zu mehr Vätern, die ihre berufliche Selbstbestätigung noch durch außerhäusliche Freizeitaktivitäten abrunden – und zu mehr auf sich gestellten Kindern. Wer eine neue Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern will, muss Väter ein Stück weit zu ihrem (Fami-lien-)Glück zwingen – und die finanziellen Voraussetzungen hierfür durch ein existenzsicherndes Erziehungsgeld schaffen. HARRY KUNZ