Frei durch Lösegeld

In den Philippinen lässt Abu Sayyaf zwei Geiseln frei, nachdem Angehörige doch Lösegeld gezahlt haben

BERLIN taz ■ Auf der südphilippinischen Insel Basilan hat die Abu-Sayyaf-Gruppe zwei ihrer Geiseln freigelassen. Soldaten fanden Luis Bautista und die 15-jährige Schülerin Lalaine Chua in der Morgendämmerung beim Ort Lamitan. Die beiden gehören zu einer 20-köpfigen Gruppe von Touristen und Einheimischen, die am 27. Mai aus einer Ferienanlage von der westlichen Insel Palawan verschleppt worden war. Später entführte Abu Sayyaf weitere Menschen.

„Die Freilasssung der Geiseln zeigt, dass die militärischen Operationen Erfolg haben, und sie werden weitergehen“, sagte gestern Präsidentinnensprecher Rigoberto Tiglao laut Onlinedienst der Zeitung Philippine Daily Inquirer. Er wollte keine Berichte bestätigen, wonach ein von Angehörigen eingesetzter privater Vermittler die Freilassung gegen Lösegeld erwirkte. Tiglao sagte: „Unser Problem ist, dass wir nichts gegen Familien oder Vermittler machen können, die sich angeblich so verhalten.“ Aus dem Umfeld der Angehörigen hieß es, umgerechnet seien 250.000 Mark gezahlt worden.

Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo hatte mehrfach erklärt, Lösegeld werde auf keinen Fall gezahlt. Sie wertet die unter ihrem Vorgänger Joseph Estrada auf Druck des Auslands geduldeten Millionenzahlungen bei den Geiselnahmen im vergangenen Jahr als Fehler. In den Philippinen wurde bei den zahlreichen Entführungen der Vergangenheit fast immer Lösegeld gezahlt, das aber nie so genannt wurde.

Der freigelassene Bautista überbrachte Forderungen der Entführer. Sie drohen, so lange US-Bürger und Europäer zu entführen, bis die USA und Europa ihre Truppen und Firmen aus dem Nahen Osten abzögen, die Unterstützung für Israel einstellten und die philippinische Regierung nicht mehr bei der Besetzung von muslimischem Land unterstützten. Es sind die ersten Forderungen in diesem Entführungsfall. Sie scheinen vor allem gegen den Vorwurf gerichtet, dass es sich bei Abu Sayyaf um Kriminelle und nicht um politische Rebellen handelt. In den Südphilippinen kämpfen seit 30 Jahren verschiedene muslimische Rebellengruppen für einen unabhängigen Staat.

Derzeit versuchen in Basilan 5.000 Soldaten die noch 21 Geiseln aus den Fängen von 500 Abu-Sayyaf-Rebellen zu befreien. Unter den Geiseln ist auch ein US-Missionarsehepaar. Einen dritten Amerikaner wollen die Rebellen geköpft haben. Vier Geiseln wurden ermordet, elf konnten fliehen. Laut Regierung starben 19 Rebellen und 11 Soldaten bei Kämpfen. 10.000 Menschen wurden zu Flüchtlingen.

Am Montag stockte die Präsidentin den Militäretat um 190 Millionen US-Dollar auf. Davon sollen ein Transportflugzeug, fünf Hubschrauber und elektronisches Gerät angeschafft werden, um Rebellen leichter aufspüren zu können. SVEN HANSEN