vorlauf
: Der Unvollendete

Orson-Welles-Hommage, „Citizen Kane“ (20.45 Uhr, Arte)

Vielleicht bekommt Orson Welles doch noch Recht: „Oh, wie werden sie mich alle lieben, wenn ich tot bin“, hatte der Filmemacher zu einer Zeit gesagt, als er im eigenen Land noch als gescheiterte Hollywoodlegende galt. Heute wird Orson Welles nicht nur von europäischen Kritikern als unkonformistischer Autorenfilmer geehrt, der seiner Zeit weit voraus war.

Begonnen hatte Welles’ Filmkarriere 1939 mit einem großzügigen Hollywood-Vertrag, der dem gerade 24-Jährigen erlaubte, jedes Jahr einen Film zu produzieren. Und gleich mit seinem Debüt „Citizen Kane“ schuf er 1941 ein Meisterwerk. Doch schon beim nächsten Film bekam Welles den kalten Wind Hollywoods zu spüren: „Der Glanz des Hauses Amberson“, ein episch breit erzähltes Porträt zweier amerikanischer Familien, wurde nachträglich umgeschnitten und um ein Drittel gekürzt. Mit anderen Filmen erging es ihm noch schlechter: Sie wurden ihm entzogen und von anderen zu Ende gedreht.

1947 ging Welles völlig entnervt nach Europa. Da viele seiner Regieprojekte aus Geldmangel nie ins Kino kamen, wurde aus Orson Welles bald „Der ewig Unvollendete“. So umfasst sein Nachlass mehrere hundert Filmbüchsen, die seit 1995 im Münchner Filmmuseum lagern. Aus diesem gigantischen Fundus zeigt Arte ab kommenden Montag vier Kurzfilme, die unter anderem von Welles’ wenig gelungenen Ausflügen ins Fernsehmetier zeugen.

Weitaus überzeugender ist die letzte Kinoregie, die Welles beenden konnte und die am Freitag zu sehen ist: „F wie Fälschung“ von 1973: ein virtuos montierter Essay über das Verhältnis von Kunst und Manipulation: Wenn Welles hier die Schwächen seines eigenen Handwerks, der Filmkunst, entlarvt, so tut er das nicht ohne Bitterkeit und Zynismus: Hatte er doch selbst immer wieder erleben müssen, wie seine Arbeiten der Manipulation freigegeben wurden. Dabei war es sein größter Wunsch, mit dem Medium Film so frei arbeiten zu können wie ein Maler mit der Leinwand. Aber Welles hatte sich anscheinend bereits mit seinem Schicksal abgefunden: „Jeder, der sich für den lächerlichen Beruf eines Filmemachers entscheidet, hat verdient, was ihm widerfährt.“ LASSE OLE HEMPEL