Wohltat für Raver

Die Love-Parade-Veranstalter outeten sich gestern als Wohltätigkeitsverein. Bei dem Massenrave am 21. Juli kalkulieren sie sogar ein Minus mit ein

von TILMANN STEFFEN

Glaubt man dem Love-Parade-Veranstalter Planetcom, ist der Massenrave im Tiergarten ein finanzielles Nullsummenspiel. Gerade mal 200.000 Mark seien im vergangenen Jahr nach Abzug aller Kosten der Mega-Party übrig geblieben, erklärte gestern Love-Parade-Sprecher Enric Nitzsche. Keiner der Gesellschafter habe bisher eine Mark an Gewinnausschüttung gesehen. Für dieses Jahr rechnen die Techno-kraten sogar mit einem Minus von anderthalb Millionen Mark. Weil der Termin nicht ausreichend früh festgestanden habe, seien Sponsoren abgesprungen. Doch damit nicht genug: Das Land Berlin nehme im Gegenzug durch die Parade rund 25 Millionen Mark Steuern ein, schätzte Nitzsche. Zu tragen gehabt hätten die öffentlichen Kassen dagegen nur rund 550.000 Mark für Reinigung und Absperrung der Parade-Strecke oder die Reparatur entstandener Schäden.

Dieser erste Zahlenstriptease der Planetcom war wohl die Flucht nach vorn, denn spätestens im Zuge des jetzt vor dem Berliner Verwaltungsgericht laufenden Eilverfahrens hätte man sich ebenso outen müssen. Den Parade-Veranstaltern war immer wieder vorgeworfen worden, das Demonstrationsrecht für eine gewinnorientierte Riesenfete zu missbrauchen.

Der Tanz um die Siegessäule kostet nach Planetcom-Angaben rund 3,7 Millionen Mark bei 4 Millionen Mark Einnahmen. Fast unerheblich erscheinen daneben die umstrittenen Kosten für die Reinigung des Tiergartens. Der Posten von etwa 310.000 Mark ließe sich locker zwischen der Internet-Präsentation (700.000 Mark), den Personalkosten (450.000 Mark) oder den Reisekosten (850.000 Mark) unterbringen. Die Berliner Stadtreinigung benötigt für die Entmüllung des Stadtparkes nach Nitzsches Darstellung lediglich rund 200.000 Mark, die Getränkeverkäufer zahlen ihre Abfallbeseitigung selbst.

Techno-Fans müssen sich nun auf eine Spar-Parade gefasst machen. Von ehemals vier Sponsoren (T-Mobil, Fanta, Camel, dem Musikanbieter eJay) sind für dieses Jahr drei abgesprungen. Nach dem Terminhickhack blieb nur die T-Mobil übrig.

Ursache dafür ist das Beharren von Planetcom auf dem Status der politischen Demonstration. Der Senat hatte am 23. Mai deren Verbot ausgesprochen und Planetcom empfohlen, die Raverprozession als gewöhnliches Straßenfest anzumelden. Der Kostenunterschied zwischen beiden Varianten ist minimal. Doch Planetcom blieb hart und klagte vergangenen Donnerstag vor dem Berliner Verwaltungsgericht (BVG).

Ihre Anwälte berufen sich auf den Artikel 8 des Grundgesetzes, der jedermann das Recht zur öffentlich Versammlung zubilligt. Man wolle „ein für alle Mal Klarheit in die Sache bringen“, sagte Nitzsche.

Entscheidet das Gericht im Eilverfahren zu Ungunsten der Raver, bleibt den Planetcom-Advokaten die Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht und letztlich der Weg zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe.