Im Hochglanzprospekt sind alle schon draußen

In der Fehrbelliner Straße in Mitte kämpfen Studenten gegen die geplante Entmietung ihres Hauses: Ihr Vermieter wolle sie rausmobben

„Ich war gerade eingeschlafen und träumte vom Regen“, erzählt Marina Klinker. Als sie aufwachte, regnete es tatsächlich – durch ihre Decke. Das Wasser kam aus der leeren Wohnung über ihr, die – wie die meisten Wohnungen im Haus Fehrbelliner Straße 52 in Mitte – gerade saniert wird. „Jemand muss den Wasserhahn aufgedreht haben“, erklärt die 24-jährige Studentin. Ein Zufall?

Seit fast einem Jahr verhandelt die Stenschke-Acon GbR mit den Mietern des Hauses über deren Auszug. Die meisten der 32 Wohnungen wurden bereits geräumt – lediglich neun sind noch vermietet. Geblieben sind hauptsächlich Studenten: wegen der günstigen Miete und des Kiezes, der ihnen gefällt. Bei einem Protestfrühstück auf der Straße berichten sie über ihre Lage.

Das Haus gehört – wie auch das Nachbarhaus 52a – zum Sanierungsgebiet Rosenthaler Vorstadt. Der Eigentümer hat vor drei Wochen mit der Sanierung begonnen und möchte die Wohnungen gern verkaufen. Um die bisherigen Mieter zum Auszug zu bewegen, bietet die GbR hohe Abfindungen an. „Das letzte Angebot lag bei 9.000 Mark plus 200 Mark Mietzuschuss für die nächsten zwei Jahre“, berichtet Marina Klinker. Sie möchte das Angebot annehmen.

Andere wollen nicht weichen. „Ich will hier wohnen bleiben“, erklärt Martin Schmidt resolut. Der 24-Jährige sieht sich als Zielscheibe zahlreicher Attacken des Vermieters. Im letzten Jahr sei ihm gekündigt worden. Ein vom Eigentümer angeheuerter Detektiv habe ihn beim Anbringen von Plakaten im Treppenhaus beobachtet. Außerdem habe er eine Abmahnung wegen angeblich unerlaubter Untervermietung an seine Freundin erhalten. „Durch diese ständigen Schikanen wird man regelrecht weich gemacht.“

Die Modernisierungsankündigungen, die die Mieter erhalten haben, seien unzureichend, sagt Schmidt. Dies bestätigt auch Michael Schwarz vom Büro für stadtteilnahe Sozialplanung, das im Auftrag des Bezirksamtes Mitte als Mieterberatung fungiert. Schwarz glaubt, in den kommenden Wochen geeignete Wohnungen zur Zwischenumsetzung anbieten zu können: „Voraussetzung ist allerdings eine Sanierungsvereinbarung zwischen Mieter und Vermieter.“

Von dieser Einigung scheint der renitente Mieter Schmidt noch weit entfernt zu sein. Wo sich heute noch seine Dreiraumwohnung befindet, weist ein Hochglanzprospekt bereits eine Maissonette-Wohnung mit vier Zimmern aus. „Wir wollen keinen Krieg mit den Mietern“, heißt es bei der Stenschke-Acon, „aber wir können nicht warten bis Herr Schmidt seine Meinungsbildung abgeschlossen hat.“

STEFAN KAISER