CDU für Neuwahlen

Bundespartei beendet Blockadehaltung des Berliner Landesverbandes. CDU-Politiker schlägt Direktwahl des Regierenden Bürgermeisters vor

BERLIN ■ taz Nach dem Bruch der großen Koalition in Berlin hat nun offenbar die Bundespartei die Regie an sich genommen und sich für schnellstmögliche Neuwahlen ausgesprochen. Damit setzte sich die Bundespartei offensichtlich gegen Bedenken der Berliner CDU durch.

Der Berliner CDU-Landesverband hatte bisher die Durchführung von Neuwahlen abgelehnt und nach dem Ausstieg der SPD aus der Koalition am vergangenen Donnerstag eine Selbstauflösung des Parlaments verhindert. SPD und Grüne hatten daraufhin angekündigt, den Regierenden Bürgermeister Diepgen mit Hilfe der PDS am Samstag mit einem konstruktiven Misstrauensvotum zu stürzen und eine Übergangsregierung zu installieren. Noch am Vormittag hatte die CDU ein Treffen der Fraktionsvorsitzenden im Berliner Abgeordnetenhaus platzen lassen, das über eine mögliche Auflösung des Parlaments beraten sollte.

Auf die Möglichkeit, einen Spitzenkandidaten von außen ins Rennen zu schicken, reagiert man im CDU-Landesverband bisher zurückhaltend. Der Berliner Fraktionschef der CDU, Frank Steffel, kritisierte sogar die Debatte um einen möglichen Bewerber aus der Bundespolitik. „Wir rufen nach gar niemanden“, sagte Steffel. Auch CDU-Chefin Merkel bezeichnete die Debatte um einen möglichen Nachfolger von Diepgen als „nicht hilfreich“. Der öffentlichen Debatte tat das keinen Abbruch. Unter anderem stehen die Kandidatur des Exbundesparteichefs Wolfgang Schäuble sowie die des ehemaligen Bundesumweltministers Klaus Töpfer zur Diskussion. Ein hochrangiger CSU-Politiker sprach sich gegenüber der taz für eine Kandidatur Schäubles aus.

Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kaczmarek schlug überraschend eine Direktwahl des Regierenden Bürgermeisters vor. „Dies hätte eine herausgehobenere Position des Regierungschefs zur Folge“, so Kaczmarek. SPD und Grüne lehnten den Vorschlag als Parteitaktik ab. Auch ein Sprecher der PDS, deren Spitzenpolitiker Gregor Gysi seine Kandidatur von der Möglichkeit einer Direktwahl abhängig gemacht hatte, sprach von „durchsichtigen Motiven“ der CDU. Da die SPD eine Koalition mit der PDS nicht mehr ausschließe, fehle der CDU der Koalitionspartner, um eine Mehrheit im Parlament zu erlangen. ANDREAS SPANNBAUER