Was Scheinehemänner für Schäden anrichten

Löhne, Lasten, Liebe

Fritz aus Kreuzberg war seiner bulgarischen Frau Iwanka an sich ein guter Ehemann. Sie zahlte ihm monatlich 500 Mark, die er in Heroin umsetzte. Dafür unterschrieb er ihr alle Papiere, die sie und ihr kleiner Sohn brauchten. Das ging zwei Jahre lang so. Dann wurde Fritz in seiner Stammkneipe am Hermannplatz bei einer Schlägerei erstochen. Daraufhin stellte sich ihr das Problem einer fehlenden unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, weil ihre Ehe noch keine drei Jahre lang gehalten hatte. Die Ausländerbehörde machte ihr Ärger. Iwanka nahm sich einen teuren Anwalt, der erst einmal eine Aufenthaltsverlängerung erwirkte und dann auch eine kleine Witwenrente. Für den Rest muss nun Iwankas Freund, Mehmet, aufkommen – was er auch tut, obwohl auch er oft kein Geld hat. Aber er will nicht, dass Iwanka anschaffen geht.

Dieter aus Marzahn war dagegen ein Alkoholiker und mieser Erpresser. Seine ukrainische Frau Olga, die ihm 5.000 Mark für die Ehe bezahlt hatte, war zu ihm gezogen, weil sie sich in ihn verliebt hatte. Prompt verlangte er von ihr auch die Hälfte der Monatsmiete. Dass sie stets für beide einkaufte und überhaupt den ganzen Haushalt erledigte, verstand sich von selbst. Sogar Möbel und Elektrogeräte schaffte sie an. Dann kam plötzlich eine Räumungsklage: Dieter hatte acht Monate lang die Miete nicht bezahlt und das Olga verschwiegen. Zunächst zogen die beiden in eine Billigpension – auf Olgas Kosten. Er war arbeitslos. Schließlich verlangte er auch noch 50 Mark für jede Unterschrift, die er für Olga „leisten“ sollte. Auf WBS-Schein bekamen sie eine neue Wohnung in Marzahn. Nach dem Einzug versackte Dieter völlig, tagelang ging er auf Sauftour. Olga litt – und schwieg. Sie hat sich vorgenommen, diese Situation noch ein Jahr auszuhalten und sich dann „auf die eigenen Füße“ zu stellen. Manchmal sitzt sie buchstäblich auf gepackten Koffern, weil sie befürchtet, dass er die Scheidung einleitet und zur Ausländerbehörde geht.

Martin war sogar so mies, dass er seine angetraute Ehefrau, Nadja aus der Slowakei, weiterverkaufen wollte. Die beiden hatten ganz gemütlich geheiratet, für die stolze Summe von 10.000 Mark, die Nadja gleich nach der Eheschließung bar bezahlt hatte. Martin spielte zunächst den Verliebten und machte ihr regelmäßig Geschenke: Pralinen, Blumen, Schmuckstücke. Bald vertraute Nadja ihm blind – und unterschrieb alles, was er ihr vorlegte. Martin hatte sich vor der Ehe von einer Bank 50.000 Mark geliehen. Laut Ehevertrag war nun auch Nadja rückzahlungspflichtig. Ihre Lebenshaltungskosten stiegen derart, dass sie schließlich drei Jobs annahm. Während ihrer Abwesenheit vergnügte Martin sich mit seinem Kumpel Bernd, dem er irgendwann 5.000 Mark schuldete. Da Bernd bereit war, gegen Geld eine Ausländerin zu heiraten, vermittelte er ihm kurzerhand Nadja. Ihr stellte er Bernd als seinen Cousin vor, der momentan Geldprobleme habe. Sie sollte ihm helfen. Nadja rückte schließlich ihre letzten Ersparnisse raus. Bernd ging daraufhin zum Standesamt, um sich mit ihr zu verheiraten. Von dort bekam er irgendwann einen Brief, dass seine Braut schon verheiratet sei – und zwar mit seinem Kumpel Martin. Bernd fühlte sich betrogen, sogar seine Eltern wollten zur Hochzeit kommen. Wütend ging er zu Martin und zerschlug ihm Wohnung und Gesicht.

Torsten aus dem Wedding war ein Versager. Als Noy aus Bangkok ihn für 8.000 Mark heiratete, gab sich der arbeitslose Textilarbeiter noch stark und selbstbewusst. Innerhalb eines Jahres eröffneten die beiden zwei Bars. Noy überließ ihm den Papierkram. Die Geschäfte liefen prima. Aber plötzlich kam eine Überraschung nach der anderen: Steuerhinterziehung, Bewag- und Mietschulden, Probleme mit dem Gesundheitsamt usw. Sie verloren ihre Läden, und Noy ging wieder anschaffen, während Torsten zu Hause saß und Sat.1 guckte. Mehr und mehr wurde er zu ihrem Sklaven. Selbst ihre zwei Kinder nahmen ihn nicht mehr ernst und fingen ebenfalls an, ihm Befehle zu erteilen.

Uwe aus Potsdam war ein Geizkragen. Irina aus Kasachstan hatte ihm 15.000 Mark für die Ehe bezahlt – und als Gegenleistung ihre Freiheit verlangt. Uwe war einverstanden und gab sich auch sonst großzügig. Aber nach einigen Monaten begann er, ihren Lebenswandel zu kritisieren und sich über ihre Ausgaben zu mokieren. Er drohte ihr sogar mit Scheidung. Irina bekam Angst – und gab nach. Das ging so weit, dass Uwe sie bereits als seinen Besitz ansah. Wenn er zur Arbeit ging, sperrte er sie in der Wohnung ein und gab ihr täglich nur noch fünf Mark Taschengeld. Manchmal schlug er sie sogar, wenn sie ihm widersprach. Fast zwei Jahre hielt Irina Uwes Tyrannei aus. Eines Tages rief sie ihre Freundin Ewa an und bat sie, die Polizei anzurufen. Diese musste die Tür aufbrechen, um Irina zu befreien, die voll blauer Flecke war. Ihr Anwalt zeigte Uwe wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung an. Irina, die nach dem Prozess noch ein Jahr Aufenthaltsgenehmigung hatte, lernte in dieser Zeit mit Achim einen neuen Mann kennen, in den sie sich verliebte – und kurz danach heiratete.

LILY BRAND