Lernen auf nassen Kinderstühlen

■ Die letzte Diskussion mit Senator Schulte über den Entwurf zum Kulturentwicklungsplan KEP stieß auf geringes Interesse

„Qualitätkontrolle“, „Qualitätsmanagement“, „Effizienz“: Barbara Loer von der VHS, Barbara Lison von der Stadtbibliothek und Andreas Lemke von der Musikschule, die drei Institutsleiter aus dem Bereich „Kulturelle Bildung“, haben keinerlei Probleme, jenen New-Economy-Jargon souverän in ihre Reden einzuflechten, von dem sich Volker Hellers kmb die Lösung vieler Finanzierungs-Probleme verspricht. Auch wenn sich zum Beispiel Lemke dezenten Sarkasmus nicht verkneifen kann und will: „Wir werden die Kennzifferzahl heben, zu Deutsch: mehr Gruppen- statt Einzelunterricht geben“, womit auch schon klar wird, dass sich hinter der schönen neuen Begriffswelt meist schnöde Kürzungen und Verschlechterungen verbergen.

Wie die meisten Vorgänger-KEP-Gespräche, waren auch die zur spektakelfreien Bildung eher langweilig. Denn wie bei den Debatten zu den Orchestern, Theatern und Museen waren die Rollen vorherbestimmt: Kultursenator Schulte freute sich, dass die worst-case-Kürzungsszenarien doch nicht eintraten, Staatsrätin Motschmann entlarvte die Gruselmenetekel der Kulturies als übertrieben, und die InstitutionsleiterInnen betonten die Wichtigkeit ihrer Arbeit, klagten über den unbefriedigenden Ist-Zustand und formulierten Wünsche respektive Forderungen – aber das wohl mit mehr Recht als die meisten anderen Kulturinstitutionen.

Denn die von der Bremen Marketing Gesellschaft bis zu Handelskammer-Hockemeyer ausgegebene Losung von der „Kultur als Standortfaktor“ zielt an der gesellschaftlichen Funktion von VHS und Stadtbücherei vorbei, was Lison und Loer ausgiebig und klug thematisierten. Und auch die kulturelle pressure group „Anstoß“, die von wohlsituierten AkademikerInnen dominiert wird, zeigte kein rechtes Interesse an jener unspektakulären Kultur für jedermann, die die öffentlichen Bildungsträger Tag für Tag anbieten.

So kommt es, dass die stinkige Zentralbibliothek am Schüsselkorb über keine zumutbaren Leseplätze verfügt und nur zum Ausleihen geeignet ist und die Bremer VHS, wie Barbara Loer kürzlich entdeckte, als einzige VHS im deutschsprachigen Raum keine Zentrale hat und gar manche Kurse in Grundschulstühlen unter regendurchlässigen Dächern stattfinden.

So ist es auch kein Zufall, dass die „Kulturelle Bildung“ das Schlusslicht bildete bei den KEP-Debatten. Elisabeth Motschmann bemühte sich immerhin, dem kleinen Zuhörerhäufchen in Jürgen Alberts Krimibibliothek Mut zu machen. Möglicherweise, meinte sie, gibt es für die Kultur bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts für 2002/3 im Dezember einen Nachschlag für die Kultur. bk