Die ökologische Nische wird größer

■ Ministerin Künast legt Grundstein für Deutschlands größtes Öko-Zentrum an der Gaußstraße

Wenn sie sich mit Produktion und Konsum verbinden lässt, läuft die ökologische Wende. Im Gegensatz zum Süßwasser-Biotop Mühlenberger Loch, das allmählich zugeschüttet wird, baggern sie an dem Loch für das Nachhaltigkeitszentrum „Ö“ in Ottensen immer weiter. Gestern legte Verbraucherschutz-Ministerin Renate Künast (Grüne) den Grundstein für die größte Einrichtung in Deutschland, in der nachhaltige Produkte und Dienstleistungen angeboten werden.

„Das ,Ö' ist öko von vorne bis hinten“, lobt Stadtentwicklungssenator Willfried Maier von der GAL. Beim Ausheben der Baugrube wurde der Müll getrennt. In der Fassade werden Holz, Lehm und Weidengeflecht verbaut. Ein ausgefuchstes Klima-Konzept sorgt dafür dass beim Energieverbrauch der Niedrigenergie-Standard unterschritten wird. Und wer einziehen will – sei es als Handwerker, Dienstleister oder Händler – muss garantieren, dass er Qualitätskriterien einhält, die sich am Nachhaltigkeitsprinzip orientieren.

So sollen zum Beispiel die Waren und Rohstoffe aus der Region kommen und die Produkte reparierbar sein; HändlerInnen und DienstleisterInnen verpflichten sich, „ihren KundInnen bedürfnisorientierte Entscheidungen zu ermöglichen“. Sie sollen ihnen sagen, wie sie durch „sachgerechten Gebrauch von Produkten zu einer Umweltentlastung beitragen können“.

Insgesamt werden auf etwa 20.000 Quadratmeter Fläche 80 Betriebe angesiedelt, vom Bio-Supermarkt über ein technisches Kaufhaus, Naturheilkundige, Maßschuster, Beleuchter, Gastronomen und Architekten bis hin zum ökologischen Finanz-Dienstleister. Für 70 Prozent der Fläche seien bereits Vorverträge abgeschlossen worden, sagt Andreas Wietholz vom Projekt-Entwickler „neuwerk consult“ der taz. Für viele Flächen gebe es sogar mehrere Interessenten.

Sie alle sollen einmal davon profitieren, dass hier so viele ökologisch orientierte Betriebe auf einem Haufen sitzen. Das „Ö“ bietet ihnen die Infrastruktur, um über Computernetze und gemeinsame Zentrallager zusammenarbeiten zu können und sorgt für eine gemeinsames Marketing – einschließlich einer Plattform für den elektronischen Handel. „Es ist an der Zeit, sich anders zu präsentieren am Markt“, glaubt Wietholz.

Das sieht auch Künast so. „'Ö' steht nicht nur für ,ökologisch' sondern auch für ,Genuss' und ,Lebensfreude'“, sagt sie und träumt von vielen weiteren Öko-Zentren in der Republik. Maier freut sich, dass „das Ökologische hiermit aus der Nische tritt“. Der Senat unterstützt das 70 Millionen Mark teure Projekt mit 13 Millionen Mark Eigenkapital. Der Löwenanteil davon kommt aus dem winzigen Topf der Stadtentwicklungsbehörde, die darauf hofft, das Geld wiederzukriegen, wenn das Ö ein wirtschaftlicher Erfolg wird. Gernot Knödler