Opulenz von der Goldküste

Highlife aus Ghana war die erste panafrikanische Popmusik. Die „Highlife Allstars“ arbeiten an einem Revival

Wer eine Verbindung sucht zwischen bajuwarischer Blasmusik und jamaikanischen Gombe-Rhythmen, der kann auf „Sankofa“ fündig werden. Das Album präsentiert fünf der wichtigsten Protagonisten des ghanaischen Highlife unserer Tage und ist zugleich eine musikalische Spurensuche. „Sankofa“, der Titel, meint so viel wie: „Geh zurück und rette es“. Mit ihrem Highlife-Revival wollen die Musiker aus Ghana darauf aufmerksam machen, dass in ihrem Land nicht nur einst eine der Wiegen für die populäre Musik Afrikas stand, sondern auch, dass der Highlife entgegen anders lautenden Gerüchten längst noch nicht tot ist.

Noch vor der kongolesischen Rumba in den späten 60er- und 70er-Jahren wurde der Highlife – spätestens mit der Entlassung Ghanas in die Unabhängigkeit 1957 – zur ersten panafrikanischen Popmusik. Seine Geschichte beginnt aber schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die kolonialen Machthaber europäische Kirchenmusik, Seemannslieder und Militärblaskapellen an die Goldküste von Liberia und Ghana brachten, wo einheimische Musiker diese Stile mit afrikanischen Rhythmen wie Osibisaba, Ashiko und dem Gombe, über den Umweg Sierra Leone eingeführt, vermischten.

Neben den höfisch anmutenden und stark an Jazz, Swing und Gospel orientierten Salonorchestern der neureichen Gesellschaft waren es vor allem die Gitarrenbands, die den Highlife in seiner räudigen Version als Palmwein- und Kneipenmusik populär machten. Die unabhängige sozialistische Regierung von Präsident Nkrumah förderte den Highlife als Teil afrikanischer Kultur, sodass gigantische und dementsprechend teure Bigbands wie die von ET Mensah oder Nana Ampadu mit seinen African Brothers zu den Stars einer Szene wurden, deren internationale Ausläufer bis nach London reichten: Dort stiegen Osibisa zur weltweit bekanntesten afrikanischen Band auf.

Doch mit der wirtschaftlichen Rezession und den politischen Diktaturen setzte auch der Niedergang der großen Orchester und Studios ein, während zugleich die Musiker aus Nord- und Westafrika, vor allem aus dem frankophonen Raum, international an Geltung gewannen. Fast sah es so aus, als würde der Highlife als populäre Musikform aussterben. Doch Musiker wie die auf „Sankofa“ vertretenen Bandleader Alex Konadu, Kwadwo Tawiah oder Prince Osei Kofi begreifen die Bedrohung als Ansporn, den Highlife in all seiner waghalsigen stilistischen Vielfalt zu bewahren.

So kommt es zu Songs wie „Odo ye Owu“, dem neunten und letzten Track des Albums, bei denen man kurzfristig dem Glauben verfällt, dass eine bayerische Blaskapelle mit einer Gombe-Rhythmusgruppe aus Jamaika jammt, während sich zugleich Kwadwo Tawia zum Sprachrohr Ghanas erhebt. In siebeneinhalb wundersamen Minuten verdeutlicht die Arcobrass Band, welche musikalische Opulenz, welch spielerisch-verschwenderischer Umgang mit Arrangements und Instrumentierung dem Highlife in seinen besten Momenten innewohnt. Und so gibt der Beitrag zu diesem Sampler gewissermaßen eine Kostprobe dessen, was man derzeit vom Highlife erwarten darf: Back to the roots and into the future. BJÖRN DÖRING

The Highlife All Stars: „Sankofa“ (Network)