Protokolle zu Leuna bestätigt

Die in den Medien wiedergegebenen Aussagen von französischen Topmanagern von Elf Aquitaine entsprechen der Aktenlage, so die Saarbrücker Staatsanwaltschaft. Doch Hinweise auf Bestechlichkeit deutscher Behörden liegen bislang nicht vor

von SEVERIN WEILAND

Die Aussagen verschiedener früherer Topmanager von Elf Aquitaine, die in der Berliner Zeitung wiedergegeben worden sind, entsprechen der „Aktenlage“. Dies bestätigte gestern die Staatsanwaltschaft Saarbrücken vor dem Spendenausschuss des Bundestags. Damit sei aber nichts über deren Tatsachengehalt gesagt, betonte Staatsanwalt Raimund Weyand. Saarbrücken hatte die französischen Vernehmungsakten im Verlaufe ihrer Ermittlungen gegen den Geschäftsmann Dieter Holzer von der Staatsanwaltschaft Augsburg übernommen und Anfang April dem Untersuchungsausschuss zugleitet. Nach den Pariser Protokollen vom August 2000 hatte der frühere Chef von Elf Aquitaine, Loïk Le Floch-Prigent erklärt, vor dem Kauf von Leuna/Minol 1992 mit Helmut Kohl zusammengekommen zu sein. Dabei seien im Kanzleramt vom Kanzler Subventionen versprochen worden. Ein solches Treffen wurde von Kohl am Mittwoch dementiert. Gestern zitierte die Berliner Zeitung ein weiteres Mal aus den Pariser Vernehmungsprotokollen, diesmal aus der Aussage des Ex-Elf-Manager Alain Guillon.

Seinen Angaben zufolge soll der Staatskonzern bei den Privatisierungsverhandlungen Anfang der Neunzigerjahre so genannte Lobbying-Gelder nach Deutschland geleitet haben. Es sei darum gegangen, „uns der konstanten Zustimmung der deutschen politischen Behörden zu versichern“. Für seine Beraterfunktion bei Elf Aquitaine soll der Exwirtschaftsminister Hans Friderichs (FDP) eine Million Mark erhalten haben, berichtete die Zeitung mit Hinweis auf Erkenntnisse der Pariser Staatsanwaltschaft. Der FDP-Politiker war zum damaligen Zeitpunkt auch Minol-Aufsichtsratschef.

Hinweise auf einen Geldfluss von Elf an deutsche Behörden liegen hingegen der Saarbrücker Staatsanwalt bislang nicht vor. Ob Gelder von Konten des saarländischen Geschäftsmanns Holzer geflossen seien, gehöre nicht zu ihrem Untersuchungsgegenstand, so Staatsanwalt Weyand gestern. Holzers Name wird im Zusammenhang mit jenen 256 Millionen Francs (rund 80 Millionen Mark) genannt, die als Bestechungsgelder geflossen sein sollen. Derzeit prüfe man lediglich den Vorwurf der Geldwäsche. Dabei gehe um die Frage, ob Holzer sich der Untreue zum Schaden von Elf Aquitaine schuldig gemacht habe. Sollte sich im Verlaufe der Ermittlungen der Verdacht der Bestechung ergeben, müsste ein neuer Vorgang angelegt werden, der dann von einer anderen Staatsanwaltschaft zu bearbeiten wäre. Voraussetzung hierfür sei aber, dass der Tatverdacht nicht bereits verjährt sei.

Gegen Holzer, der lange Zeit in Monaco gemeldet war, inzwischen aber ins Saarland zurückgekehrt ist, liegt Angaben von Weyand zufolge, ein französischer Haftbefehl vor. Die dortigen Ermittler gingen offenbar davon aus, dass er an der Geldwäsche beteiligt gewesen sei. Laut Angaben Weyands ist der Geldfluss der 256 Millionen Francs überwiegend über Konten in Luxemburg und Liechtenstein gegangen. Gelegentlich seien auch Schweizer und österreichische Konten beansprucht worden.

Holzer selbst ist nach Angaben der Saarbrücker Staatsanwaltschaft zur Aussage bereit, verschob aber eine kürzlich angekündigte schriftliche Erklärung. Weitere Zeugen wurden laut Weyand, der erst seit Anfang April mit dem Fall Holzer betraut ist, nicht vernommen.

Der Ausschussobmann der Grünen, Christian Ströbele, warf der Staatsanwaltschaft vor, ihre Ermittlungsaufgabe verletzt zu haben. Man beschränke sich offenbar darauf, vorhandene Akten der Augsburger Staatsanwaltschaft zu sammeln.