Auf dem Pflaster liegt der Strand

■ Nur 100 Tage: Dieses Wochenende startet die Beachvolleyball-Masters-Tournee in Hamburg

Nur die kommenden 100 Tage zählen. Der Rest des Jahres exis-tiert nicht. Heute Mittag um 13 Uhr wird die Beachvolleyball-Saison eröffnet, und die ganze Strand-Szene blickt auf das Heiligengeistfeld. Drei Monate später, nach dem Finale am Timmendorfer Strand, ist alles vorbei und die Aschermittwochsgefühle werden von der Brandung ins Meer gespült.

Hamburg heißt Hoffnung, vor allem für diejenigen, die heute in der Qualifikation starten, um morgen im Hauptfeld ab 9 Uhr am Lack der Spitzensportler kratzen zu dürfen. Eventuell sind die überlegenen Nationalteams wie Jörg Ahmann/Axel Hager (siehe Interview Seite 18) und die Deutschen Meister Oliver Oetke/Andreas Scheuerpflug nicht ganz konzentriert und einem Außenseiter gelingt ein Überraschungs-Coup. Unter den Hoffnungsvollen sind Niclas Hildebrand mit Partner André Bolten vom Zweitligisten Eimsbüttler TV und die amtierenden Hamburger Meister Stefan Nickel und Mathias Nupnau vom Verbandsligisten SV Friedrichsgabe.

Aufgrund der Ranglistenberechnung war es für die Sportler in der Vergangenheit schwer, innerhalb eines Jahres ins Hauptfeld zu rü-cken, doch mit der Veränderung des Modus gewinnt vor allem das Auftakt-Turnier der Serie an Bedeutung. „Die Veränderung der Rangliste soll für mehr Durchlässigkeit sorgen und Teams, die einen ganzen Sommer lang konstant gute Leistungen liefern, belohnen“, erläutert der Herr des Sandes, Frank Mackerodt.

Bislang wurde die nachwachsende Beach-Generation jedes Jahr größer und diesen Sommer klopfen die Jungen und Mädchen bereits mit dem Vorschlaghammer gegen die Tür des Establishments. Jonas Reckermann, David Klemperer, Niklas Rademacher, Stephanie Pohl, Okka Rau und Geske Banck sind gut genug, sich Respekt zu erspielen und mehr als die 300 Mark Preisgeld für die hinteren Plätze einzustreichen.

Am oberen Ende der Hierarchie wird die Luft für den Nachwuchs allerdings dünn: „Wenn wir gesund sind, schlägt uns keiner“, prophezeit Axel Hager, der fröhliche Eimsbütteler Blockspieler von jenseits der Zwei-Meter-Höhenmarke. Im letzten Jahr als Europas Beachvolleyballer des Jahres geehrt, möchte er zum ersten Mal das Turnier in seinem Wohnort gewinnen. Nachdem die lange Zeit ungeklärte Schulterverletzung enträtselt und der Marathon aus Ehrungen und offiziellen Empfängen mit der gewonnenen Olympia-Medaille um den Hals ausgestanden ist, freut sich der Hagere wieder auf den Rummel um das Sandfeld. Um das gesteckte Ziel zu erreichen, müssen Ahmann/Hager nicht nur auf die nationalen Rivalen aufpassen: Heiße Mitbewerber um die 6000 Mark Siegprämie sind die Schweizer Brüder Paul und Martin Laciga, das drittbeste Team der Weltrangliste.

Geldsorgen hat der Beach-Zirkus derzeit keine. Seit Sydney klingelt die Kasse, Sporttreibende sowie Veranstaltende freuen und die Sponsoren drängeln sich. Mit 520.000 Mark Preisgeld ist die Mas-ters-Tour seit Jahren die größte nationale Turnierserie außerhalb der USA und protzt nun zusätzlich mit TV-Übertragungszeiten. Der post-olympische Boom wird das Spektakel noch größer und das dynamische Strandballspiel noch beliebter machen. Ein prächtig wachsender Wirtschaftskreislauf der Entertainment-Industrie – trotz Rezession.

Hoffnung hat Frank Mackerodt auch, wenn er an den neuen Turnierort denkt: Nachdem die Bürgerschaft sich vor einer Woche einstimmig für eine Durchführung des Turniers im Jahr 2002 auf dem Rathausmarkt ausgesprochen hat, dürfte die schikanöse Odysee durch die Großstadt beendet sein. Endlich kommt die beliebte Sportart mit dem netten Image dahin, wo sie hingehört: Mitten in die konsumfreudige Innenstadt und trägt zur Belebung der City bei. Vielleicht scheint dann die Sonne und der Geruch von Sonnenöl liegt in der Luft. Ahmann/Hager sind gesund und gewinnen endlich das Turnier, während die Erste Bürgermeisterin Sonnenstühle auf den Rathausbalkon räumt und Reisenden kühle Getränke zum Schlürfen und einen Sitzplatz anbietet. Oliver Camp