„Hier bleibt noch viel zu tun“

Susanne Stumpenhusen, neue Chefin des Ver.di-Landesbezirks, über die Schwerpunkte der Supergewerkschaft. Einer davon: die Arbeit gegen die weißen Flecken in der Gewerkschaftslandschaft etwa bei den neuen Medien oder in den Call-Centern

Interview RICHARD ROTHER

taz: Sie haben am Wochenende den Ver.di-Landesbezirk gegründet. Bedeutet dieser Schritt einen Aufschwung für die Gewerkschaften in der Region?

Susanne Stumpenhusen: Das wollen wir mal schwer hoffen. Wir haben jetzt eineinhalb Jahre gebraucht, um diese Gründung vorzubereiten. Sie ist auf Bundesebene erfolgreich verlaufen, die gleiche Schubkraft wünschen wir uns für die Region.

Nun waren nicht alle Ihrer Partner begeistert; der Landesverband der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) hat Ver.di abgelehnt. Gibt das Schwierigkeiten in der neuen Organisation?

Schwierigkeiten wird man nicht sofort beseitigen können. Es wird noch eine gute Zeit brauchen, bis wir uns alle als Mitglieder einer Gewerkschaft fühlen. Aber wir haben schon bei vielen Gelegenheiten gemerkt, dass wir besser gemeinsam agieren als getrennt. Der wahre Gegner steht außen, nicht in einer anderen Gewerkschaft. Um nur einige Punkte zu nennen: Wir wenden uns gemeinsam gegen den Sparkurs des Senats, treten ein für eine wirkliche Reform der Betriebsverfassung, und auch beim Kampf gegen den Rechtsextremismus sind wir uns mit den anderen Gewerkschaften einig.

Was wird sich für die Mitglieder ändern?

Die aktiven Mitglieder werden künftig ihre berufsspezifischen Interessen besser artikulieren können, weil es künftig auf der Ebene der Fachbereiche eine starke Autonomie geben wird. Bei denjenigen Mitgliedern, die von ihrer Gewerkschaft in erster Linie Beratung und Dienstleistung fordern, stehen wir vor der Herausforderung, unsere Ressourcen zu bündeln. Wir müssen darauf achten, dass die Wege nicht länger werden, dass wir unser eigenes Dienstleistungsangebot für die Mitglieder verbessern. Das steht im Übrigen nicht im Widerspruch zu dem Anspruch, als Gewerkschaft auch Kampforganisation der Arbeitnehmer zu sein.

Wie jedes fusionierte Unternehmen plant auch Ver.di, im künftigen Landesbezirk Personal abzubauen. Wie passt das zur Orientierung auf mehr Service und Dienstleistung?

Der Personalabbau erfolgt nicht unmittelbar. Bis 2007 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Da alle Organisationen in Berlin und Brandenburg sehr diszipliniert auf ihre Personalkosten geachtet haben, haben wir nur einen geringen Personalüberhang, den wir locker durch die Altersfluktuation abbauen können. Wir hoffen sogar, dass wir endlich auch junge Kollegen einstellen können.

Die Gewerkschaften leiden unter einem Mitgliederschwund. Wo sehen Sie Schwerpunkte der künftigen Arbeit von Ver.di?

Zunächst müssen die fünf Ver.di-Gewerkschaften erst einmal zusammenkommen. Der neu gewählte Landesbezirksvorstand wird dann recht schnell die Schwerpunkte seiner Arbeit für das nächste Jahr festlegen. Ein Feld sind mit Sicherheit die weißen Flecken in der Gewerkschaftslandschaft, etwa im Bereich neue Medien oder in Call Centern. Die IG Medien und die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft haben hier auch schon gemeinsame Projekte gestartet, zum Beispiel die Betriebsratsgründung bei Pixelpark. Aber es gibt in diesem Bereich noch viel zu tun.