Irland bekämpft den Tierschmuggel

In Zeiten von MKS bringt der illegale grenzüberschreitende Handel mit Rindern und Schafen besondere Probleme mit sich. Solche Transitgeschäfte sind durchaus üblich und gehen zu Lasten der EU. Doch nun will die Regierung in Dublin einschreiten

aus Dublin RALF SOTSCHECK

Irland macht Jagd auf Schmuggler. Landwirtschaftsminister Joe Walsh hat erklärt, er mache keine Geschäfte mit Leuten, die illegal Tiere über die Grenze bringen. Eine Amnestie als Gegenleistung für Informationen über den Verbleib geschmuggelter Tiere komme nicht in Frage.

Der Minister macht den Import von Schafen aus Großbritannien nach Nordirland für den ersten Fall von Maul- und Klauenseuche im nordirischen Grenzgebiet verantwortlich. Von dort hat sich die Seuche durch geschmuggelte Tiere in die Republik ausgebreitet, wo es allerdings erst einen Fall gab. In Nordirland sind am vorigen Wochenende drei weitere Fälle hinzugekommen.

Tierärzte glauben, dass die weitere Ausbreitung nur zu verhindern ist, wenn man die geschmuggelten Tiere findet. Schmuggel gibt es seit der Teilung der Grünen Insel. Rinder, Schafe, Schweine, Futtermittel, Benzin, Alkohol – die Preise im jeweiligen Teil Irlands bestimmten die Richtung des Schmuggels. Seit zwei Jahren ist es wegen der starken britischen Währung lukrativer, Tiere in die Republik Irland zu schleusen, wo sie getötet, verarbeitet und dann in die anderen EU-Länder exportiert werden. Wenn ein Bauer Schafe von einem Schmuggler kauft, entfernt er die Ohrmarke und deklariert sie in den Schlachthäusern als eigene Schafe. Bis zum Ausbruch der Maul- und Klauenseuche mussten südirische Schafe keine Ohrmarke tragen.

Hinzu kommt, dass die Bauern in der Republik Irland pauschal 4,3 Prozent der Mehrwertsteuer aller Einkäufe absetzen dürfen. Bei Schafen gibt es außerdem einen Zuschuss von 20 Pence pro Pfund Gewicht, wenn das Fleisch aus einem Land der Eurozone – wozu Nordirland nicht zählt – exportiert wird. Auch mit alten Kühen kann man noch ein hübsches Sümmchen verdienen, wenn man die in Nordirland wertlosen Tiere in die Republik schmuggelt, wo ihre Tötung mit 90 Pence pro Pfund Gewicht bezuschusst wird.

Der Schmuggel ist kaum zu unterbinden, dazu ist die Grenze viel zu verwinkelt. Außerdem hat die Regierung nur mäßiges Interesse daran, weil der Schaden, den die Schmuggler anrichten, meist zu Lasten der EU geht. Nun hat die Regierung allerdings die Beamten des Landwirtschaftsministeriums vorübergehend mit Polizeivollmachten ausgestattet, um den Schmuggel und die Verbreitung der Seuche zu verhindern.

Die Taktik scheint zu funktionieren, die Schmuggler geraten in Panik. Vorige Woche wurden zwei Rinderherden entdeckt, die auf einer Landstraße herumirrten. Man hatte ihnen die Ohrmarken entfernt, so dass niemand weiß, wem die Tiere gehören. Auch den Schmugglern, die sich auf andere Bereiche spezialisiert haben, ist das Geschäft verdorben. Slab Murphy, der Stabschef der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), besitzt einen Bauernhof im inneririschen Grenzgebiet mit Land beiderseits der Grenze. Von dort soll er bisher einen schwunghaften Schmuggel mit Öl und Benzin unterhalten haben, das in Nordirland wesentlich teurer als in der Republik ist.

Irland geht weit rigoroser als Britannien gegen die Seuche vor, weil die Landwirtschaft eine größere Rolle als auf der Nachbarinsel spielt. Obwohl Irland das bei weitem größte Wirtschaftswachstum in der EU hat, trägt der Agrarbereich immer noch 4,2 Prozent zum Bruttoinlandprodukt bei. In Großbritannien sind es dagegen nur 1,1 Prozent. Der Exportmarkt ist für Irland entscheidend, das Land produziert elfmal so viel Rindfleisch und neunmal so viel Butter, wie es für den heimischen Markt benötigt.

Die Dubliner Regierung meint, dass die Londoner Kollegen nicht alles unternehmen, was in ihrer Macht steht, um die Seuche einzudämmen. So geht die britische Armee in Nordirland weiterhin auf Patrouille, als ob nichts geschehen wäre. Gerade im Grenzgebiet, einer Hochburg der IRA, gibt es zahlreiche mobile Kontrollpunkte. Ein Sprecher der Armee erklärte zwar, dass die Stiefel der Soldaten jedesmal desinfiziert würden, bevor sie die Kasernen verlassen, doch Toni Carragher vom Bauernverband sagt: „Die Soldaten führen die Sperrzonen ad absurdum. Die Hubschrauber landen auf den Weiden, die Soldaten springen heraus und rennen dann von Hof zu Hof, um ihre Kontrollpunkte aufzubauen.“

Irlands Premier Bertie Ahern hat der britischen Regierung Hilfe bei der Seuchenbekämpfung angeboten. Er wollte kostenlos Beamte entsenden, doch London lehnte das Angebot der ehemaligen Kolonie indigniert ab.