Chirac vorm Prozess

Oberster Richter hat seine Schuldigkeit getan, es fehlt nur noch Aufhebung der Immunität

PARIS dpa ■ Die Parteispendenaffäre um Staatspräsident Jacques Chirac ist am Donnerstag in eine neue Runde gegangen. Der Pariser Untersuchungsrichter Eric Halphen hat die Ermittlungen zu einer möglichen Verwicklung Chiracs in die millionenschwere Affäre abgegeben. Wegen der Immunität des Präsidenten erklärte sich der Richter nach Angaben aus Pariser Juristenkreisen für „nicht zuständig“, solange Chirac amtiere.

Aufgehoben werden kann dessen Immunität nur, wenn 58 Abgeordnete der Nationalversammlung oder 32 Senatoren einen entsprechenden Antrag unterzeichnen. Dann könnte der oberste Gerichtshof, der allein dafür zuständig ist, ein Verfahren gegen den Präsidenten eröffnen. Vorher müsste der Oberstaatsanwalt den Fall an die Nationalversammlung weiterleiten. „Es mehren sich die Anzeichen, dass wir einen Rechtsbrecher an der Spitze des Staates haben“, sagte der neogaullistische Abgeordnete Armand Montebourg zur unabhängigen Tageszeitung Le Monde: „Diese Situation erfordert eine Reaktion wie in Amerika, als es um eine Anklage gegen Präsident Richard Nixon im Watergate-Abhörskandal ging.“

Bei der Affäre geht es um 600 Millionen Franc (200 Millionen Mark) Schmiergelder die bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge zwischen 1977 bis 1995 flossen, als Chirac Bürgermeister von Paris war. Zwei Zeugen – der eine über eine posthume Videokassette – hatten übereinstimmend erklärt, Chirac sei „Anstifter und hauptsächlicher Nutznießer“ dieses illegalen Finanzierungssystems gewesen. Halphen hatte Chirac im März zu einer Zeugenaussage vorgeladen, was dieser mit Hinweis auf seine Immunität abgelehnt hatte.