schnittplatz
: Schöner foltern mit Bildung

Was ist bloß in Günther Jauch gefahren? Von Lob ob seiner großartigen Moderation überschüttet, scheint er in seiner Ratesendung „Wer wird Millionär?“ zu dem zu werden, was er schon immer sein wollte: ein Klugscheißer.

Beim Unfallopfer- und Tiermisshandlungsfernsehen „Stern TV“ bleibt ihm ja nur die Rolle des einfühlsamen Fragestellers. Skifliegen und Champions League werden wohl immer ein Mysterium für ihn bleiben, bei dem er auf das Wissen der „Experten“ angewiesen ist. Doch mit der Millionärsshow hat er das Format gefunden, in dem er glänzen kann. Das tut er so aufdringlich, dass es eine rechte Qual ist, ihm dabei zuzusehen.

Begnügte er sich anfangs noch damit, übermäßig arrogante Kandidaten abzukanzeln, hat mittlerweile kaum einer der Geldhungrigen mehr eine Chance, seiner Besserwisserei zu entgehen. Und das liegt nicht nur an den „immer dümmeren Kandidaten, die nie mehr als 32.000 Mark gewinnen“ (Harald Schmidts Schreibtischtäter Manuel Andrack).

Nach der geografischen Lage Karthagos gefragt, konnte die Kandidatin sich nicht zwischen Sizilien, der iberischen Halbinsel und Nordafrika entscheiden. Jauch lehnte sich gönnerhaft zurück und bot an: „Ich gebe Ihnen einen Hinweis, dann müssen Sie drauf kommen!“ Sodann führte er aus, dass Cato damals jede Rede im römischen Senat mit den Worten „Ceterum censeo Carthaginem esse delendam“ beendet habe. Gnädigerweise übersetzte er dann noch für alle Unwissenden: „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.“ Das aber war kein Hinweis auf die Lage Karthagos, Herr Jauch, sondern höchstens darauf, dass Sie den unkontrollierten Drang verspüren, ihren reichen Wissensschatz zu offenbaren. Die Kandidatin fragte dann lieber das Publikum.

Einen anderen Kandidaten verhöhnte Jauch mehrere Minuten lang, nur weil der meinte, aus Birkenzweigen könne man ebenso gut einen Korb flechten wie aus Weidenzweigen. Er verabschiedete ihn mit dem Befehl: „Dann basteln sie zu Hause mal einen Birkenkorb und schicken mir den!“ Ach ja, es muss schon eine Qual sein, sich mit dem dummen Volk abzugeben.

JAN FUHRHOP