Auf nach Berlin!

Die taz lädt zum Kongress „Wie wollen wir leben?“. Am kommenden Wochenende, vom Freitag, den 27. April, bis Sonntag, den 29. April 2001. Im Haus am Köllnischen Park in Berlin

von PETRA GROLLund JAN FEDDERSEN

taz muss eben sein: Mit Ihrer Hilfe hat die taz Ende vorigen Jahres eine existenzielle Krise überstanden. Das Ziel, fünfzigtausend Abos zu werben, haben wir zwar nicht ganz geschafft. Aber es reicht, um weiterhin erscheinen zu können.

Vor 22 Jahren erschien die erste Ausgabe der alternativen Tageszeitung „taz“. Den Geburtstag der taz und die überstandene Krise nehmen wir zum Anlass, alle nach Berlin zu rufen, die der Zeitung treu geblieben sind. Oder die taz gerade neu für sich entdeckt haben. Alle, die uns unterstützen, kritisieren, weiterempfehlen. Genossinnen und Genossen, Leserinnen und Leser, AnzeigenkundInnen, KolumnistInnen, InterviewpartnerInnen. Kurzum: alle.

Dieses Jahr wollen wir nicht nur ein großes Fest feiern. Das wird es auch geben, am Samstagabend, von 22 Uhr bis in die Puppen. Diesmal wollen wir eine schöne und bewährte politische Tradition wieder aufnehmen – Stichworte wie der Tunix-Kongress im Januar 1978 oder der Tuwat-Kongress im Herbst 1981 in Berlin mögen reichen: Ein Wochenende lang debattieren, streiten, fragen, der Fantasie freien Lauf lassen, sich austauschen über Fragen, die uns, den LeserInnen und der taz-Belegschaft, am Herzen liegen. Vielleicht nicht mit den bekannten Resultaten der Siebziger- und Achtzigerjahre: Resolutionen, Resolutionen, Resolutionen, und am Ende wenigstens ein besetztes Haus.

Nach fast drei Jahren rot-grüner Regierung scheint es heute eher an der Zeit, Erwartungen zu überprüfen. Ansprüche möglicherweise realistischer und drastischer zu formulieren. Zu bilanzieren. Aber auch Ideen zu finden (wiederzufinden?), die in Denkräumen jenseits der Realpolitik und jenseits der von Wahlkämpfen bestimmten Vierjahrespläne existieren. Sie würden ohne uns womöglich vergessen.

Der öffentliche Diskurs ist in Ritualen erstarrt, zumeist werden nur Scheinalternativen formuliert. Beispielsweise: Atomausstieg in 25, 35 oder 45 Jahren – aber nicht der sofortige Verzicht auf Atomstrom; Green Card, Blue Card oder White Card – und gleichzeitig steht ein Zuwanderungsgesetz aus und an der Aushöhlung des Asylrechts wird weiter gearbeitet; Kilometerpauschale oder Entfernungspauschale – aber eine ökologisch nachhaltige Politik scheint nicht durchsetzbar; Kind oder Karriere – aber die hiesige Familienpolitik ist kaum ihren Namen wert; Abitur nach zwölf oder dreizehn Jahren – aber von der überfälligen Bildungsreform sind wir milchstraßenweit entfernt.

Wir wollen gemeinsam fragen und Antworten suchen: Wie wollen wir leben? Mit wem wollen wir teilen? Wie wollen wir lernen? Wie wollen wir miteinander auskommen? Wie wollen wir lieben? Welche Spielräume haben wir? Was ist uns Versöhnung wert? Woher der Hass? Welche Rolle spielen wir? Wie wollen wir arbeiten? Wo leben wir eigentlich? Am kommenden Wochenende, von Freitagabend bis Sonntagnachmittag, findet dieser Kongress im Haus am Köllnischen Park statt – mitten in der neuen Mitte Berlins.

Vierzig Einzelveranstaltungen. Referate. Vorträge. Lesungen. Internetcafé. Videos. Stadtrundgänge. Podiumsdebatten. Whiskeyproben. Ein Weinseminar. Oder eine Kaperfahrt auf dem Weg zur einzigen Wahrheit.

Ein pralles, vielseitiges Programm. Mit AutorInnen der taz. Mit ExpertInnen. Mit ministeriellen Prominenten. Und mit Ihnen. Die Meteorologen versprechen schönes Wetter. Machen Sie sich auf nach Berlin. Die Reise lohnt sich. Die taz sowieso.

PETRA GROLL, 43, und JAN FEDDERSEN, 43, sind taz.mag-RedakteurInnen