Antifas im Späheinsatz

Rollentausch vor dem Präsidium: Demonstranten fotografieren Polizisten. Damit wollen autonome Antifas im Vorfeld des 1. Mai auf brutale Polizeieinsätze aufmerksam machen. Mit Hilfe der Fotos sollen „Gewalttäter“ später identifiziert werden

von DANIEL FERSCH

Normalerweise werden Demonstranten von Polizisten fotografiert. Doch Mitglieder und Sympathisanten der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB) drehten gestern den Spieß um. Mit Foto- und Videokameras bewaffnet, trafen sie sich zu Dienstbeginn vor dem Eingang von Polizeipräsidium und Landeskriminalamt (LKA) am Platz der Luftbrücke, mit dem Ziel, bei Einsätzen mögliche „Gewalttäter“ unter den Polizisten identifizieren zu können. Die Fotos der Beamten sollten dann an „unabhängige Menschenrechtsgruppen“ weitergegeben werden.

Das Happening hatte schon im Vorhinein für großes Aufsehen gesorgt. Der Berliner Kurier schrieb gestern unter dem Titel „Terror gegen Polizisten! – Chaoten bereiten sich auf 1. Mai vor“ von Plänen „linksextreme Gruppen, Polizeibeamte mit Kameras abzuschießen“, um sie als potentielle „Ziele von Terrorakten“ auf Steckbriefen abzubilden. Auch die Gewerkschaft der Polizei hatte zuvor Polizeipräsident Hagen Saberschinsky und die betroffenen Beamten aufgefordert, Strafanzeige gegen die Antifas zu erstatten.

Hintergrund der nicht ganz ernst gemeinten Aktion waren die „zahlreichen Übergriffe von Polizisten“ bei den 1.-Mai-Demonstrationen, wie es im Aufruf der Antifas hieß. „Wir wollen nicht, dass wieder 14-Jährige Opfer von Polizeiprügeln werden“, sagte ein AAB-Sprecher.

Gar nicht witzig fand die Aktion die Polizei, die gegen den Anmelder Anzeige erstattete. Und zwar wegen Beleidigung. Denn in dem Aufruf hieß es: „Wir gehen bei den begangenen Straftaten nicht nur von Einzeltätern aus, sondern auch von organisierten Schlägertruppen innerhalb der Polizei.“ Ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) meinte zu den Vorwürfen der AAB, das sei ein „hirnrissiger Blödsinn, den sich irgendwelche Schwachköpfe ausgedacht haben“. Das Ganze sei als Provokation im Vorfeld der „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ zu werten.

Die „Provokation“ selbst verlief gestern eher harmlos. Zwar wurden die eifrigen autonomen Fotografen per Auflage vom Eingang des Polizeipräsidiums verbannt und die Batterien eines Megafons vorübergehend beschlagnahmt. Die Aktionisten wie auch die eingesetzten Polizisten nahmen die Sache aber eher sportlich. Zwei Beamte ließen sich sogar freiwillig von den gut gelaunten Kapuzenträgern ablichten.