Vorbild im Westen

Bremen und das Saarland sanieren ihren Haushalt seit 1994 mit Hilfe des Bundes. Die Strukturprobleme bleiben

Das Zauberwort heißt „Haushaltsnotstand“. In den frühen Neunzigern waren Bremen und das Saarland derart überschuldet, dass sie jede vierte Steuermark für Zinsen ausgeben mussten. Sie zogen 1992 vors Bundesverfassungsgericht und verlangten – über den normalen Finanzausgleich hinaus – zusätzliche Hilfen vom Bund. Die Roten Roben gaben ihnen recht: Das Grundgesetz verlange, „dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird“.

Darauf könnte sich, so glauben Experten, jetzt auch Berlin berufen. Schließlich liegt der Anteil der Zinsausgaben an den Steuereinnahmen, von den Karlsruher Richtern zum entscheidenden Maßstab erkoren, in der Hauptstadt jetzt höher als einst in den beiden westdeutschen Zwergstaaten.

Für Bremen und das Saarland haben sich die Anwaltskosten jedenfalls ausgezahlt. Seit 1994 erhalten sie vom Bund jährlich Milliardenbeträge, um sich von einem Teil ihrer Schuldenlast zu befreien. Im Gegenzug mussten sich die beiden Länder verpflichten, jährlich einen „Sanierungsbericht“ vorzulegen und die Ausgaben um höchstens 1,5 Prozent steigen zu lassen.

Bis 2004 allerdings sollen sie wieder auf eigenen Füßen stehen – und einen „verfassungskonformen“ Haushalt aufstellen. Neue Schulden dürfen dann nur noch aufgenommen werden, um dauerhafte Investitionen zu bezahlen. Alle zehn Jahre zusammengerechnet, wird das Saarland dann 13 Milliarden Mark erhalten haben – und das bei einer Bevölkerungszahl, die nur ein knappes Drittel des Berliner Werts beträgt.

Wirklich auf eigenen Füßen werden die beiden ärmsten Westländer aber auch in fünf Jahren nicht stehen. Deshalb drängen sie derzeit in den Verhandlungen über den Finanzausgleich darauf, dass sie auch künftig finanzielle Hilfen erhalten – ein Weg, den der Verfassungsrechtler Ulrich Battis von der Humboldt-Universität auch den Berlinern empfiehlt. Das sei realistischer als eine Klage in Karlsruhe. RAB