eine holländerin in berlin
: MIRANDA MEGENS über den Krieg der Taxis

Glückliches Berlin

Mit einigen Freunden fahre ich in einem Taxi in Berlin. Eine Kurzstrecke, von Unter den Linden zur Invalidenstraße. Die Fahrt kostet nur 6 Mark. Obwohl der Preis in Berlin erst neulich erhöht wurde, ist das im Vergleich mit Amsterdam billig. „Kein Geld“, jubeln wir.

Den Begriff Kurzstecke kennen wir nicht. Wohl aber die Grundgebühr. Und die ist immer eine Überraschung. Sie darf in Amsterdam nämlich von 0 bis 10 Mark kosten. Hinzu kommen noch bis zu 3,50 Mark pro Kilometer. Hier sind es maximal 3 Mark.

Angenehm ist auch der Berliner Fahrer. Obwohl die Einheimischen mir erzählen, er sei bekannt als Schnauzer, sind meine Fahrer stets höflich und freundlich. Vielleicht weil ich eine Ausländerin bin?

Eine weitere Erleichterung: sie fahren normal. In Amsterdam rasen die Taxis, als ob sie ein Alleinrecht auf die Straße hätten. Mit 80 Stundenkilometer durch die geschlossene Ortschaft? Kein Problem. Radfahrer und Fußgänger weichen gerne aus, wenn so ein Taxi mit Überschallgeschwindigkeit vorbeikommt.

Aber das beste hier ist, dass man in aller Ruhe ein Taxi bekommen kann. Denn in Amsterdam gab es Zeiten, in denen ein Fahrgast seines Lebens nicht mehr sicher war. An den Taxiständen keilten die Fahrer aufeinander ein und bedrohten sich gegenseitig. Auf dem Höhepunkt des Taxikrieges landeten ein Direktor und zwei Vorstandsmitglieder der Taxi Centrale Amsterdam (TCA) im Knast. Die Polizei hat sie verhaftet wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation, die sich unter anderem dem unerlaubten Handel mit Taxigenehmigungen widmete.

Der Taxikrieg trennt auch die liberal-sozialistisch-grüne Koalition in Amsterdam. Die Liberalen sind wütend auf den grünen Beigeordneten Köhler, der für Verkehr zuständig ist. Der hat einen Vergleich mit der TCA unterschrieben, an ebenjenem Tag, als deren Leiter verhaftet wurden. „Idiotisch“, stöhnten die Liberalen. Die Gemeinde solle sich nicht abgeben mit „Leuten, die auf die ein oder andere Weise zu tun haben mit einer kriminellen Organisation“.

Die Probleme in Amsterdam begannen mit dem neuen Taxigesetz, das die Liberalisierung der Branche vorschrieb. Schon seit letztem Jahr sind alle Taxistände eigentlich frei, auch für die Konkurrenz. Doch der Altmonopolist TCA betrachtete die Stände vor Krankenhäusern oder Bahnhöfen weiter als lukratives Exklusiveigentum.

Die Fahrer, die in der Vergangenheit oft 100.000 Gulden für die Genehmigungen gezahlt haben, verteidigten ihre Plätze. Konkurrierende Fahrer wurden boykottiert, eingekeilt und eingeschüchtert. Als die Bereitschaftspolizei auftreten wollte, kam es zu Ausschreitungen.

Die Gemeinde versuchte zu schlichten. Vergeblich. Sogar ein Vermittler der holländischen Regierung biss sich daran die Zähne aus. Die TCA sagte damals „neue Spannungen auf der Straße“ voraus. Und die kamen auch.

Jetzt gibt es auch noch einen Untersuchungsbericht, in dem die Gemeinde für den Taxikrieg verantwortlich gemacht wird. Weil die Gemeinde die Branche zu wenig beobachtete, konnte der illegale Handel mit Taxigenehmigungen entstehen. Die Taxifahrer wiederum nahmen diesen Bericht zum Anlass, Entschädigungen von der Gemeinde zu fordern.

Eine schöne Bescherung, die Taxiwelt in Amsterdam. Jetzt wurde aber doch ein Abkommen erreicht, der drohende Bruch der Koalition abgewendet, und letzte Woche hat der Bürgermeister von Amsterdam versprochen, die Ordnung im Taxiland habe nun Priorität.

Ich bin gespannt, ob ich in einigen Wochen in Amsterdam wirklich eine sichere Taxifahrt machen kann. Bis dahin genieße ich die Berliner Taxis.

Die holländische Journalistin Miranda Megens ist für sieben Wochen zu Gast bei der taz. In mehreren Kolumnen vergleicht sie das Leben in Berlin und Amsterdam.