„Im Märzen der Bauer ...“

■ Politische Deko in Zeiten von Atommüll-Transporten: Ein Bioladen in Peterswerder stellt den Castor nach / „Leitkultur“ für eine Mark mangels Nachfrage gestrichen

Jeden Monat wird das „Krämerladen“-Schaufenster neu gestaltet. Seit Günter Schlemmer das selbst macht, hat Produktwerbung keine Chance mehr. Anstelle von Naturwaren im Angebot steht zur Zeit ein Spielzeug-Bauernhof im Fenster – durchquert vom Castor-Transport. Neben dem Zug kniet Maria mit Hirtenfiguren. Auf der Schubkarre eines Gartenzwergs kann man lesen: „Im Märzen der Bauer den Castor blockiert.“

Angefangen hat diese Form der politischen Stellungnahme eher zufällig. Weihnachten 2000 sollte die Krippe aufgepeppt werden, bloß wie? Eine Mitarbeiterin brachte schließlich „als Gag“ einen Gartenzwerg von zuhause mit. Daneben einen Aufsteller: „Leitkultur – nein danke!“, fertig war die Weihnachtsdeko. Dazu kam noch eine Stelltafel: „Heute im Angebot: Deutsche Leitkultur für eine Mark.“ So richtig haben wollte die aber niemand, also wurden die Kunden per Tafeländerung darüber informiert, die Leitkultur sei „wegen geringer Nachfrage gestrichen“.

Für den 48-jährigen Ladenbesitzer ist die Gestaltung seines Schaufensters gleichzeitig „amüsant und nachdenklich“. Meist verpackt und karikiert er einen aktuellen politischen Anlass humoristisch. Produkte seien im Vergleich dazu nicht so wichtig, „wir haben ja auch noch andere Sachen im Kopf, mit denen wir uns beschäftigen“. Das finden auch seine KundInnen. Negative Reaktionen habe es noch nie gegeben, dafür aber jede Menge Anregungen. Viele Käufer bringen eigene Figuren mit, die dazugestellt werden. Manchmal kommt es allerdings zu Überinterpretationen: Eine Kundin lobte die braune Gesichtsfarbe des Gartenzwergs. Das würde prima zum Deko-Thema „Multikulti – ja bitte!“ passen. In Wahrheit hatte die Witterung den Zwerg so zugerichtet.

Vor 18 Jahren hat Schlemmer den Bioladen eröffnet, den dritten in Bremen überhaupt. Während des Studiums war er im AStA und „in der grünen Bewegung“ aktiv. Früher hat er in der Nähe der geplanten Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf gelebt. Selbstverständlich, dass er bei Demos dabei war. Er spricht von einer „eher durchschnittlich politischen Karriere“ – aufmüpfig oder kämpferisch ist er nie gewesen. Dennoch nutzt er die „Außenwirkung“ seines Ladens, um seine „Meinung abzugeben“.

Ab Sonntag ist ein Osterhase zu sehen. Natürlich kein Standard-Tier. Der Bio-Hoppler ist schwarz-rot-gold gestrichen und trägt ein Schild: „Ich bin stolz, ein deutscher Osterhase zu sein.“ db