Und tschüss, Gozilla sushi

■ Women in (e)motion endete leider, doch es tat das furios und „Loud“

Hilfe, steckt man fest in einer Zeitscheife? Schon zum vierten Mal: ganz hinten mit abgeklärtem Blick an seinem Weißbier nippend als wär's Cognac, Andre Hesel vom Weser-Kurier. Davor Klaus Hößelbart, der den Schock seines unwürdigen KITO-Rausschmisses Gott sei Dank überwunden hat. Daneben der Mann mit der Leningrad-Cowboy-Frisur, der hartnäckig Lucky Luke, the lonely Cowboy, als Bezugsquelle seines Haarschmucks benennt. Dann die fesche Mitfünfzigerin mit dem Goldklips am Läppchen. Und dann streunt da noch Veranstalter Volker Steppert von Radio Bremen 2 wie ein einsamer grauer Wolf zwischen Moments-Foyer und Ü-Wagen (mutmaßliches Baujahr 1758) hin und her.

„Women in (e)motion“ hat sich ein treues Fan-Publikum erarbeitet, welches das Moments füllt, bis die Luft zum Sägen ist – wobei das streng genommen falsch ist, da radikales Rauchverbot im Laden herrscht, vermutlich den etwa 50 Prozent Grauhaarigen zuliebe. Die kommen Jahr für Jahr, weil es hier immer ein Paar Sensationen gibt. Diesmal war es wohl Kiran Ahluwalia und allen voran „Loud“. Kollege Hippen klagte noch kürzlich, dass die drei Kanadierinnen undankbare Interview-Partner seien, die sich ein wenig penetrant festbeißen würden ins Thema Yellow Power Movment und die politische Botschaft ihrer Musik. Und auch live ist dann die Rede von irgendeiner Gefangenenbewegung (kanadische Indianer? Urwaldschützer?) mit Hungerstreik und so. Und der Wessi freut sich sehr, dass es auf der anderen Planetenseite noch Menschen gibt, die an die Kraft der einfachen Botschaft glauben und die Welt zu verändern gedenken.

„Gozilla Sushi“ steht auf dem T-Shirt einer der beiden Taiki-Trommlerinnen, und wie rohe Tiere prügeln die beiden auf ihre Gerätschaft ein. Wenn die Arme, westlichem Effizienzdenken spottend, weit über den Kopf gestreckt werden, erinnert das an die Verbrüderung von Kampfsportritual und Musik im Kodo. Es ist aber auch die nackte Motorik von Metal und Hardcore, manchmal, nicht immer.

„Wisst ihr, was ,hasch' heißt“, fragt Gitarristin Elaine Stef, und das Publikum grinst. Es weiß aber natürlich, dass damit das Lullaby-Pssst gemeint ist. Und der Zuhörer kann es kaum fassen, wie sanft ein Schlagzeug sein kann. Sehr filigran verzahnen sich Rhythmen, schichten sich um, variieren, fast als hätten die Drei bei Jannis Xenakis studiert. Aber immer kann der Fuß mitwippen. Spätestens wenn Gozilla Baby ins Leere trommelt wird klar, hier werden auch die Pausen und das Warten hitchcock-like inszeniert.

Einmal kulminiert alles in einen einzigen Schlag, dass der glatt würdig wäre zum Einläuten des Weltuntergangs. Und wenn dann auch noch das ekel-klebrigste Instrument der Weltgeschichte, die Querflöte, wunderbar surreale Töne erzeugt und das Alpenland in Form eines Akkordeon hinzukommt, merkt man: die Drei sind Meister im Umdefinieren des Instrumentariums.

Eher die Ruhe der Gregorianik verkörperten tags zuvor die ebenfalls kanadischen Kanenhi:io Singers. Zumindest singen die fünf Mohawk-Indianerinnen sehr oft einstimmig. Diese Einstimmigkeit wirkt aber irgendwie breitgefächert durch diesen Knödelstil, der aber dezenter ist als beim Bulgarischen Frauenchor oder den Tuvinern. Musikalisch sprengen die Damen nicht den Rahmen des Bekannten, aber unendlich rührend ist ihr Sendungsbewusstsein.

Unendlich stolz sind sie auf ihre Flagge, die fünf Stämme ihres Volkes. Und dann werben sie zwischen allen Liedern für die eine große Sache, „the great law of peace“, „the good mind“, „the respect, we have to show each other“, „for the sake of our children“, und den „Sake“ der Wiesen und Berge. bk