Per Anhalter durchs taz-Universum

Am Sonntag werden 300 Quartalsbände mit tazzen der Achtzigerjahre versteigert. Zwei Tonnen hoch spannendes Altpapier werden aus ihrem Verließ in einem Altersheim befreit. Den Erlös bekommt der linke „Ermittlungsausschuss“

von DANIEL FERSCH

1979: Zwei Ereignisse erschüttern die Weltöffentlichkeit. In Berlin gründet ein Haufen linker AktivistInnen die taz, und Douglas Adams veröffentlicht den ersten Teil seines Bestsellers „Per Anhalter durch die Galaxis“.

Auf den ersten Blick hat beides wenig miteinander zu tun. Wer aber Einblick in die bewegte Geschichte dieser kleinen Zeitung am Rande der Pressegalaxie nehmen wollte, musste bisher ähnliche Erschwernisse auf sich nehmen wie Adams Held Arthur Dent zu Beginn des Buches. Der muss sich in den Keller eines Amtes begeben, um die Pläne für den Abriss seines Hauses in einem unbenutzten Klo zu finden. Die Geschichte der taz fristet ihr Dasein ähnlich verborgen im Untergeschoss eines an das taz-Hauptquartier angrenzenden Altersheims. Zwischen Waschküche und Müllraum schlummern 300 Quartalsbände aus den Jahren 79 bis 89 vor sich hin.

Randy Kaufman, taz-Archivar seit 1983, hat die je fünf Kilo schweren Prachtbände unter Mitarbeit vieler schlecht bezahlter Helfer zusammengestellt und anfänglich im Keller des ersten taz-Domizils in der Weddinger Wattstrasse gelagert. Beim Umzug in die Kochstraße kündigte sich an, dass es nicht genug Raum für die Sammlung geben würde. So fanden die grüngoldenen Bände über Zwischenstationen in externen Lagern auf den Planeten Schönefeld und Kreuzberg ihr vorläufig letztes Domizil im Altenheim Charlottenstraße.

Immer wieder versuchte Kaufmann die luxuriösen Wälzer aus ihrem Verließ zu befreien. So durften sich etwa taz-GenossenschaftlerInnen über großformatige Präsente freuen. Schließlich wollte er die Bände per Anzeigen verschenken. „Doch keiner wollte die Dinger haben“, erinnert sich der ergraute Archivar.

Als letztes Jahr mal wieder das Geld knapp wurde, beschloss taz-Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch die alten Bestände zu vernichten, um die Kellermiete einzusparen. Dies brachte einige ehemalige Redakteure auf den Plan, taz-gerecht die x-te Rettungskampagne zu starten. „Rettet die taz der Achtziger Jahre!“ heißt es nun am Sonntag auf dem Parkplatz neben dem Haus in der Kochstrae 18. Ab 14 Uhr werden die Erinnerungsstücke zugunsten des „Ermittlungsausschusses für die Unterstützung strafrechtlich Verfolgter der linken Bewegungen“ versteigert. Denn der hat noch weniger Geld als die taz. Ex-tazler wollen diesen Ausverkauf der taz-Geschichte mit kritischen, humorvollen, vielleicht auch bösartigen Anekdoten begleiten.

Eine echte taz-Aktion im Sinn der Achtziger also und eine Riesenchance für alle Nostalgiker und taz-Liebhaber. Denn die insgesamt zwei Tonnen Papier sind Zeitzeugnisse von intergalaktischer Bedeutung. Wo sonst kann man noch Reportagen über Haschanbau im Libanon (1988) oder Aufsätze von Michel Foucault („Was ist Aufklärung? Was ist Revolution?“, 1984) lesen? Oder Orginalexemplare vom „Streit in der taz“ zum fünfjährigen Bestehen oder von der Kampagne „Waffen für El Salvador“ (1980–1991) ersteigern?

Infos und Vorabgebote im Internet: www.rettet-die-taz-der-achtziger-jahre.de