projekte gegen rechts
: Geld allein reicht nicht

Es geht voran im Kampf gegen rechts. Drei Tage lang diskutierten in Leipzig 900 Pädagogen und Sozialarbeiter auf Einladung der Bundeszentrale für politische Bildung über Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. Allerdings wird die Freude bei vielen Engagierten etwas getrübt, wenn der Bundesinnenminister Otto Schily verkündet, man habe die Mittel der Bundeszentrale für Projekte zum Thema nur von 6,2 auf 8,6 Millionen Mark erhöht. Die nahe liegende Schlussfolgerung: Die in der Regierung nehmen das Problem nicht ernst.

Kommentarvon EBERHARD SEIDEL

Man kann es auch anders sehen: Das Land wird kaum freundlicher, mag der Staat auch noch so viele Millionen an Projekte der Sozial- und Jugendarbeit überweisen. Denn Geld weckt nur neue Begehrlichkeiten. So betrachten VertreterInnen der Antirassismusbranche die 65 Millionen Mark, die in diesem Jahr von Familienministerin Bergmann für diese Arbeit zur Verfügung gestellt werden, folgerichtig nur als Taschengeld.

Die Bundesregierung handelt also vernünftig, wenn sie die Mittel vorläufig knapp bemisst. Denn bislang ist die Rede vom „Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen im Osten“ kaum mehr als eine Phrase. Unbestritten ist, dass autoritär eingestellte Gruppen für Demokratie und Zivilgesellschaft gewonnen werden sollten. Aber wie? Mit erneuten Plakataktionen, die für Toleranz gegenüber Ausländern werben, bestimmt nicht.

Zur Erinnerung: Für die Jahre 1992 bis 1996 legte die damalige Familienministerin Angela Merkel das Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt auf. Die damit geförderte „akzeptierende Jugendarbeit“ mit Rechten war ein Missgriff. Es fehlte an ausgereiften Konzepten und qualifiziertem Personal. Deshalb sollten die Akteure, die heute vor allem in Talkshows und auf Tagungen wie in Leipzig den Aufbau der Zivilgesellschaft versprechen, der Öffentlichkeit möglichst bald ihre inhaltlichen Konzepte vorlegen. Und ein paar Fragen beantworten: Wo wollen sie die geeigneten MitarbeiterInnen hernehmen? Und wie bereiten die Universitäten ihre Studierenden auf diese Aufgabe vor?

Im Moment bringt die Öffentlichkeit der Arbeit von Einrichtungen wie der Amadeu-Antonio-Stiftung aus Berlin einen Vertrauensvorschuss entgegen. Erfüllen sie die Erwartungen, könnte dies die Förderung weiterer Projekt legitimieren. Wenn nicht, ist eine historische Chance vertan. Nicht die Regierenden, sondern die Projekte sind jetzt am Zug.

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