Wirtschaftsfaktor Homosexualität

■ In St. Georg eröffnet der erste schwul-lesbische Gewerbehof

Ab Mitte nächsten Jahres wird es in St. Georg einen schwul-lesbischen Gewerbehof geben – den ers-ten in Deutschland. Die UnternehmerInnen der Gay-Community sollen an der Ferdinand-Beit-Straße die Möglichkeit finden, sich miteinander zu vernetzen und finanziell zu stützen. „Die Wirtschaft hat uns bereits als Zielgruppe entdeckt, wir uns gegenseitig aber noch nicht“, sagt Projektmanagerin Heike Leuschner. Von der Anwaltskanzlei über ein Café bis hin zum Klempner sollen unterschiedlichs-te Branchen dort ein gemeinsames Dach finden.

Da der Altbau im Sanierungsgebiet von St. Georg liegt, fließt öffentliches Geld in die Finanzierung ein – mit der Folge, dass die Mieten entsprechend niedriger ausfallen dürften. Das Konzept sieht vor, dass die erfahreneren UnternehmerInnen ihr Know-How an die jungen KollegInnen weitergeben, Banken mit ihnen besuchen oder bei der Ausarbeitung von Geschäftsplänen beraten. Rund die Hälfte der Fläche wird aus privatem Wohnraum bestehen. Dahinter steckt die Idee, „Arbeit, Leben und Freizeit miteinander zu koppeln“.

St. Georg wurde als Standort bewusst gewählt. „Weil hier viele Schwule und Lesben leben, aber auch bei AnwohnerInnen die Idee Anklang findet“, begründet Leuschner. Die evangelische Gemeinde St. Georg hat sich beispielsweise schon vor langer Zeit der Community geöffnet, wie Pas-tor Gunter Marwege betont. Peter Laschinski ist für die katholische Kirche im Erzbistum zwar nicht gerade erfreut über das Projekt, glaubt aber nicht, „dass die Grundfesten unserer Gesellschaft dadurch gestört werden“. Die Integration der Nachbarn ist den InitiatorInnen wichtig: Gemeinsame Märkte und kulturelle Veranstaltungen sollen auf dem Hof einziehen, das Café ist offen für alle.

Trotz aller Bemühungen: Wenn heute Abend die Idee für das Baugelände öffentlich vorgestellt wird, sind die TrägerInnen des Projektes auch darauf vorbereitet, dass sich danach Widerstand gegen einen schwul-lesbischen Gewerbehof regen könnte – bis hin zu möglicher Gewalt von Rechts. „Wir halten aber nichts davon, schon im Vorwege ein großes Eisentor vor den Innenhof zu nageln“, sagt Leuschner, „sondern vielmehr gehen wir nach außen, weil wir ja nichts zu verbergen haben.“ Katrin Jäger

Infoabend, heute 19.30 Uhr, Stadtteilbüro St. Georg, Lindenstraße 29, Tel.: 35 71 63 47