Erdbebenkunde zu Mittelamerika

Erdbeben hat es in Mittelamerika, vor allem in El Salvador, immer gegeben. Aber solche Erdstöße wie Anfang dieses Jahr sind zuvor nicht registriert worden. Der Ausgangspunkt war das Beben vom 13. Januar.

Sein Epizentrum lag im Pazifik, rund 120 Kilometer vor der Küste. Dort stoßen die Cocosplatte und die Karibische Platte zusammen.

Die Seismologen sind sich noch nicht einig, ob diese beiden Erdplatten auf einer Länge von 130 Kilometern zusammenkrachten oder ob die Cocosplatte gar zerbrochen ist.

Das Beben hatte eine Stärke von 7,6 auf der Richterskala. Dieser Wert allein sagt aber noch nicht sehr viel aus. Mit dieser Skalierung wird allein die Energie gemessen, die bei einem Erdbeben freigesetzt wird.

Im Fall des Bebens vom 13. Januar entsprach sie etwa zwölftausend Hiroschima-Bomben. Doch es macht einen Unterschied, ob diese Bomben 120 Kilometer vor der Küste und in einer Tiefe von vierzig Kilometern explodieren oder nur fünf Kilometer unterhalb der Hauptstadt San Salvador.

Entscheidend sind die Stärke, die Entfernung vom Epizentrum und die Tiefe, in der sich die Erdbewegungen abspielen. Ein Beben der Stärke 5,0 kann mehr Schäden anrichten als eines der Stärke 7,6.

Das größte bislang registrierte Beben ereignete sich am 22. Mai 1960 vor der chilenischen Küste. Es hatte eine Stärke von 9,5 und löste eine so gewaltige Flutwelle aus, dass es selbst noch in Japan und Hawaii Tote gab.

Der Energieschub des Bebens vom 13. Januar kam frontal auf die gesamte Küste El Salvadors zu. Er hat das labile Kräftegleichgewicht von lokalen Grabenbrüchen durcheinander gebracht, die das Land kreuz und quer durchziehen.

Die seismische Karte El Salvadors sieht so aus, als habe ein Kleinkind ziellos darauf herumgekritzelt. In San Salvador ist es unmöglich, nicht in der Nähe eines Grabens zu wohnen.

Das Beben vom 13. Februar war schwächer als das vom Monat zuvor, aber viel dichter an der Oberfläche; das Epizentrum lag mitten im Land.

Die Zerstörungen dort waren weitaus schlimmer als einen Monat zuvor, aber eben begrenzt auf die Gegend entlang dem lokalen Grabenbruch.

Die nachfolgende Serie von Erdbeben betraf hauptsächlich San Salvador und seine Umgebung. Ende Februar kam es zu ersten Erschütterungen in Guatemala und Costa Rica.

Seismologen gehen davon aus, dass es bis zu einem Jahr dauern kann, bis das komplizierte Grabensystem Zentralamerikas wieder sein Kräftegleichgewicht gefunden hat.

Die vorläufige Bilanz der Bebenserie: rund dreitausend Tote und zehntausend Verletzte. 350.000 eingestürzte Häuser, bis zu einer Million Obdachlose. Und ein Volk am Rand des kollektiven Nervenzusammenbruchs. KEP