Im Zeichen der Kuh

Andere Bauernfilme im B-Movie  ■ Von Doro Wiese

In diesem Monat veranstaltet das B-Movie eine Bauern-Reihe und liegt damit ganz im Trend der Zeit. Schließlich haben Fernseherbesitzende StadtbewohnerInnen in den letzten Monaten mehr Rindviecher und Bauernhöfe gesehen als je zuvor.

Die medialen Nachrichtenkrimis starten regelmäßig mit Bildern aus Schleswig-Holstein und Oberbayern: In der Halbtotale werden Gehöfte gezeigt, die von Polizeiautos umstellt sind und den unscheinbaren Ort einer Seuchenkatastrophe symbolisieren. Man könnte meinen, in diesen Bildern verdichte sich der augenblickliche Stand des Wissens um die Agrarwirtschaft. Dementsprechend weiß man eigentlich nichts über den Alltag von Bauern, aber viel um den Kampf von Hütern der Ordnung gegen eine unsichtbare und daher unheimliche Krankheit namens BSE.

Wer darüber hinaus ein Interesse an anderen Bildern und Informationen hat, sollte den Weg in die Brigittenstraße antreten. Aufgewartet wird dort mit einem vielseitigen Menü, dessen Gänge in ihrem Zugang zur Landwirtschaft jedoch leider nicht aufeinander abgestimmt sind. Denn jenseits des gemeinsamen Nenners „Bauern-Filme“ rufen die einzelnen Beiträge einen jeweils unterschiedlichen kulturellen Rahmen auf.

Die Dokumentarfilme Sennen-Ballade und Bauernkrieg von Erich Langjahr können als alternative und hintergründige Informationsquellen über bäuerliches Leben im mehrwertorientierten Kapitalismus angesehen werden. So zeigt Bauernkrieg die Reaktionen von schweizerischen LandwirtInnen auf internationale Handelsabkommen, um anschließend deren katastrophale Auswirkungen auf Kleinbetriebe unter die Lupe zu nehmen. Sennen-Ballade wiederum stimmt nostalgisch eine Hymne auf ein bäuerliches Leben an, in das die industrielle Massenproduktion noch nicht Einzug gehalten hat.

Der Spielfilm Die Siebtelbauern verortet sich jedoch in ganz anderen Filmtraditionen, die er mit seiner Erzählweise verdreht. Von Regisseur Stefan Ruzowitzky als „Alpenwestern“ bezeichnet, ruft der Film ein bäuerliches Leben in Erinnerung, dessen Entfernung sowohl von den gerade herumspukenden Bildern der BSE-Bauernhöfe als auch von Erich Langjahrs Dokumentarfilmen nicht größer sein könnte. In dieser groß angelegten Umarbeitung sowohl des Heimatfilms als auch des Westerns geht es vielmehr um die Balance zwischen gesellschaftlicher Ordnung und Neuorientierung. Wie im Heimatfilm stehen die Bauern für das Beständigkeit einer traditionellen Lebensweise ein; ähnlich wie im Wes-tern geht es aber gleichzeitig um den Gewinn von Freiheit durch ei-ne Verfügung über „das Land“.

Dass der Besitzstand erstrebende Freiheitsdiskurs des Western in Die Siebtelbauern immer weiter in die Zukunft verschoben wird, liegt an der ideologischen und regionalen Verortung des Films. Denn das dem Western eigene Versprechen eines möglichen Landbesitzes für jeden, der nur aufzubrechen wagt, lässt sich in der portraitierten Heimat dieses Films nicht umsetzen. Schließlich weht den sieben Mägden und Knechten, die gemeinsam irgendwo in Österreich in den 30er Jahren einen Hof erben, nur missgünstiger Wind ins Gesicht.

Die Alteingesessenen, die sich als Traditionshüter und rechtmäßige Erben jeglicher Privilegien aufspielen, besitzen die Macht des Bestehenden. Diese Macht, die sich im Film erst intrigant und dann gewaltsam ihren Weg bahnt, verunmöglicht den Aufbruch der sieben unverhofften Erben. Er umschließt ein egalitäres Geschlechterverhältnis, eine selbstgewählte Sexualität und einen gleichberechtigten Zugang zu den Produkten der gemeinsamen Arbeit.

Das soziale Experiment der Siebtelbauern wird zur filmisch vorgeführten Utopie eines Sozialismus, die an den Traditionen einer Klassengesellschaft im ländlichen Idyll zerbricht. Gerade weil diese gesellschaftliche Vision sich unaufdringlich in den Siebtelbauern ihren Weg bricht, wäre dem Film besser gedient, wenn er in einer ganz anderen Filmreihe liefe; beispielsweise zusammen mit Berttoluccis 1900.

Die Siebtelbauern: Sa + So.; Sennenballade: 8., 10. + 11.3.; Bauernkrieg: 15., 17. + 18.3., alle 20.30 Uhr, B-Movie