Nordkoreas Nothilfe in Sicht

Die Bundesregierung verhandelt mit Nordkorea. Das Hungerland soll bei der Bereinigung des Rindfleischmarkts helfen – zu deutschen Bedingungen

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung und Nordkorea verhandeln über Möglichkeiten zur Lieferung von deutschem Rindfleisch nach Nordkorea. Ein erstes Gespräch von Beamten des Verbraucherschutzministeriums, des Auswärtigen Amtes und des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Angehörigen der nordkoreanischen Interessensvertretung hat am Dienstag in Berlin stattgefunden, wie Regierungsprecher Uwe-Karsten Heye mitteilte.

Im Zuge der Diskussion um die Schlachtung von 400.000 Rindern zur „Bereinigung“ des wegen BSE zusammengebrochenen deutschen Fleischmarkts hatten verschiedene Politiker vorgeschlagen, einen Teil des Fleisches kostenlos an das Hungerland Nordkorea zu liefern. Auch Nordkorea selbst hatte in einem verklausulierten Schreiben an die neue Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) darum gebeten. Als Bedingung nannte die Bundesregierung jetzt, dass die Verteilung und die Infrastruktur vor Ort durch unabhängige Hilfsorganisationen geprüft werden müssten. Laut Heye wollten die nordkoreanischen Vertreter diese Fragen mit der eigenen Regierung prüfen. Allerdings stellen internationale Hilfsorganisationen, die in Nordkorea tätig sind, die gleichen Bedingungen seit Jahren, ohne bisher mehr erhalten zu haben als marginale Zugeständnisse.

Ein Sprecher des Verbraucherschutzministeriums sagte der taz, er rechne für die nächsten Tage mit einer Fortsetzung der Gespräche. Zur möglichen Art der Lieferung, Umfang und Kosten wollte er nichts sagen.

Die Verhandlungen mit Nordkorea wurden gestern einhellig begrüßt – auch von denen, die einer Lieferung bisher ablehnend gegenüberstanden. „Die Bundesregierung macht momentan genau das Richtige, indem sie Pro und Contra prüft“, sagte der Sprecher der Deutschen Welthungerhilfe, Ulrich Post. Die Organisation hatte zuvor die Pläne kritisiert, weil sie sich nicht am Bedarf Nordkoreas, sondern Deutschlands orientierten. Post blieb gestern gegenüber der taz dabei, dass in Nordkorea sinnvollere Hilfe für weniger Geld geleistet werden könne als mit teurem Fleisch. Das sei keine humanitäre Hilfe, sondern in erste Linie ein Entsorgungsproblem.

Umgeschwenkt ist inzwischen auch Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die zunächst gegen die Lieferung nach Nordkorea war. Ein Sprecher ihres Ministeriums erklärte gestern die Lieferung „nach ethischer Abwägung“ für vernünftig. SVEN HANSEN