rücktritt von stamm
: Das schöne Bayernland

„Sie ist ein wichtiger Eckpfeiler meines Kabinetts.“ Gebetsmühlenartig hatte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber an Barbara Stamm festgehalten. Sie war schließlich nicht nur Vorzeigefrau im Stoiber-Kabinett, sondern so ganz nebenbei auch noch stellvertretende Ministerpräsidentin und stellvertretende CSU-Vorsitzende. Eine Frau mit Gewicht also, mit der Stoiber in den letzten Monaten durch Dick und Dünn gegangen war. Er hielt sie selbst dann noch geradezu verzweifelt im Amt, als er letzte Woche ihr Ressort zusammenstutzte, um ein neues Ministerium für Verbraucherschutz zu schaffen.

Kommentarvon BERND SIEGLER

Jetzt tritt also Barbara Stamm zurück, „fühlt sich erleichtert“ und hat sich „persönlich nichts vorzuwerfen“. Eine starke Behauptung der strengen Katholikin angesichts ihres langen Sündenregisters nicht nur beim BSE-Krisenmanagement. Für einen Rücktritt hätte schon der Bericht der EU-Veterinärkommission ausgereicht, der gravierende Mängel bei der Futtermittelkontrolle sowie völlig unzureichende Tests bei BSE-Verdachtsfällen im Freistaat feststellen musste.

Hinzu kamen jedoch auch noch ihr Versagen im jüngsten Schweinemastskandal und der Vorwurf, sie habe detailliertes Wissen über den korrupten Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes monatelang verschwiegen. Erst diese Vorfälle haben das Stamm-Maß voll gemacht. Stoiber lief nicht nur Gefahr, angestammte CSU-Klientel, die Bauern, zu verlieren, sondern auch noch von alten Skandalen eingeholt zu werden.

Bislang hat Stoiber stets betont, er sehe seine Lebensaufgabe in Bayern. Langsam wird es für ihn im Freistaat aber etwas ungemütlich. Die Affären im schönen Bayernland nehmen zu, der „Eckpfeiler“ ist weg, waschkörbeweise treffen Austrittserklärungen in der Münchner CSU-Zentrale ein, und der in Bayern besonders wichtige regionale Proporz ist in der Regierung schon längst nicht mehr gewahrt. Mehr als die Hälfte der Kabinettsmitglieder sind Oberbayern. Die Besetzung des Verbraucherministeriums mit einem Seiteneinsteiger hat zudem offenbart, wie dünn die Personaldecke der CSU ist; Stoibers lange Rückendeckung für Stamm und den längst fälligen Landwirtschaftsminister Miller hat eher Hilflosigkeit als Entscheidungsstärke bewiesen.

Der starke Mann Stoiber ist damit dahin. Mag sein, dass der Edmund sich doch noch andere Aufgaben als Bayern denken kann. Doch seine Aussichten für eine Kanzlerkandidatur sind derzeit denkbar schlecht.