King Carlos und sein Eau de Cologne

Nach seinem Achtelfinal-Erfolg gegen Rainer Schüttler träumt Carlos Moya kühn vom Sieg bei den Australian Open

MELBOURNE taz ■ Männer in diesem Geschäft werben normalerweise für Sonnenbrillen (Patrick Rafter), Kameras (Andre Agassi) oder Uhren (Mark Philippoussis). Die Uhr hat Carlos Moya auch schon hinter sich, und das war eine ziemlich erfolgreiche Aktion, weil er auf den Werbefotos nichts weiter trug als eben dieses Ding. Fürs neueste Produkt hat er sich wieder angezogen; vor ein paar Monaten brachte der Spanier ein Eau de Cologne heraus, das den viel versprechenden Namen hat: „Life is the most exciting game“ – das Leben ist das aufregendste Spiel. Nun, in Melbourne hat er bisher alles dafür getan, den Slogan mit Inhalt zu füllen. Mit dem 7:6, 6:3, 6:4-Sieg gegen Rainer Schüttler hat er sich für das Viertelfinale der Australian Open qualifiziert, und das hat er bei einem Grand-Slam-Turnier seit fast drei Jahren nicht mehr geschafft.

Zwei Tage nach dem großen Auftritt zu mitternächtlicher Stunde gegen Lleyton Hewitt und nach einem langen Doppel am Sonntag war Moya noch nicht wieder der Frischeste, und vor allem im ersten Satz hatte Schüttler eine Chance. Doch auf dem Polster des klar gewonnenen Tiebreaks ging es dem Spanier bald besser und mit kontrolliertem Einsatz der Kräfte verabschiedete er den letzten deutschen Spieler. Zuvor hatte Moya gegen Rios, Rosset und Hewitt gewonnen und er sagt, in dieser Woche habe er fast so gut gespielt wie zu seiner besten Zeit.

Da ist er nun also wieder, Carlos Moya aus Mallorca, inzwischen 24 Jahre alt, der 1998 den Titel bei den French Open in Paris gewann und im März 1999 zwei Wochen lang die Nummer eins des Tennis war. Doch im Herbst jenes Jahres spürte er, dass mit seinem Rücken etwas nicht stimmte, und schließlich hieß es, er leide unter einer Stressfraktur im unteren Rückenbereich. Im März 2000 begann er wieder, doch der Name Moya kam nur noch am Rande vor. Die Spanier freuten sich über die Taten des jungen Juan Carlos Ferrero, und den feierten sie Ende des Jahres enthusiastisch bei seinen Siegen im Davis-Cup-Finale in Barcelona gegen die Australier. Moya gehörte noch nicht wieder zum Team, und mit gemischten Gefühlen sah er zu, wie Ferrero, Albert Costa, Alex Corretja und Juan Balcells den Pott für Spanien holten und wie König Juan Carlos sich vor Begeisterung kaum noch zu halten wusste auf der Tribüne.

King Carlos wurde Moya auch schon mal genannt. Das war vor vier Jahren in Melbourne, als er in der ersten Runde zur allgemeinen Verblüffung den Titelverteidiger Boris Becker besiegte und danach bis ins Finale kam. Die Australier mochten diesen lässigen Typ von der Insel auf Anhieb, und vor allem die Teenager fanden ihn toll. Es war das Turnier, mit dem Moyas Name auf der Landkarte erschien; er selbst sagt, da habe alles seinen Angang gehabt, und in gewisser Weise passt es nicht schlecht, dass an ebendieser Stelle nun offensichtlich der Geschichte zweiter Teil beginnt.

„Ich hoffe“, sagt Carlos Moya, „dass ich nun ebenso erfolgreich oder vielleicht noch erfolgreicher sein werde wie in meiner ersten Karriere. Der Vorteil ist, dass ich weiß, wie ich wieder an die Spitze kommen kann, weil ich ja schon mal dort gewesen bin.“ Nun, da nur noch acht Spieler übrig sind bei den Australian Open 2001, scheut sich Moya vor dem Viertelfinale gegen den Franzosen Sebastian Grosjean nicht mehr, sogar an einen Turniersieg zu denken. „Außer Agassi habe ich alle, die jetzt noch dabei sind, schon mal geschlagen.“ Er nimmt die Witterung des Erfolges wieder auf; so muss man das wohl sehen. DORIS HENKEL

Australian Open, Achtelfinale, Männer: Moya - Schüttler 7:6 (7:2), 6:3, 6:4; Grosjean - Norman 7:6 (9:7), 6:3, 0:6, 6:4; Clement - Rusedski 6:3, 6:2, 7:5; Kafelnikow - Vinciguerra 7:5, 7:5, 6:1; Frauen: Hingis - Grande 6:0, 6:3; Serena Williams - Bedanova 6:2, 6:2; Coetzer - Suarez 6:1, 6:4; Venus Williams - Mauresmo 6:2, 3:6, 6:3