Mord & Totschlag aus Skandinavien

Henning Mankell, 1948 im nordschwedischen Härjedalen geboren, konnte mit seinen Mankell-Romanen auf dem Renommee aufbauen, das skandinavische Krimiautoren seit dreißig Jahren genießen. Fundiert wurde dieser gute Ruf vor allem vom dänisch-schwedischen Autorenduo Maj Sjöwall und Per Wahlöö, die zwischen 1965 und 1975 eine zehnbändige Krimireihe verfassten.

In deren Mittelpunkt standen Kommissar Martin Beck und sein Team. Wie bei Mankell kann auch bei Sjöwall/Wahlöö zugleich eine Gesellschaftschronik mitgelesen werden: Von „Die Tote im Götakanal“ (ursprünglich unter dem Titel „Roseanna“ veröffentlicht) bis hin zu „Die Terroristen“ wird Schweden mehr und mehr als heuchlerisches Konstrukt im Namen des sozialdemokratischen Volksheims interpretierbar. Ihre am Ende überwiegend agitatorisch inspirierten Bücher, in den Siebzigerjahren eine Art Pflichtlektüre in Wohngemeinschaften, sind allesamt noch beim Rowohlt Verlag als preiswerte Taschenbücher erhältlich.

Mit Mankell eher verwandt sind die Romane des Schweden Ake Edwardsson. In „Die Schattenfrau“ (Claasen, München 2000, 527 Seiten, 44 Mark) sucht der Göteborger Kommissar Erik Winter zu ermitteln, wer die Tote aus dem Vorortsee ist und weshalb sie sterben musste – wobei mit brutalen Details nicht gegeizt wird. Winter, wegen seines ausgeprägten Mittelschichtssnobismus (Jazz, feine Textilien, gepflegte Manieren) bei schwedischen Lesern nicht so beliebt wie Mankells Kurt Wallander, löst diesen Fall natürlich virtuos.

Star am schwedischen Bestsellerhimmel ist momentan die Journalistin Liza Marklund, die nach „Olympisches Feuer“ (Hoffmann & Campe, Hamburg 2000, 399 Seiten, 44,90 Mark) – eine Geschichte über Korruption im Zuge einer Bewerbung um Olympische Spiele – mit „Studio 6“ ihre Morde und Totschläge im Model-Milieu angesiedelt hat (demnächst auf Deutsch). Die Heldin heißt Annika Bengtzon – eine Frau, in der sich vor allem Linie Frauen wiedererkennen werden, die die klassische Dreifachbelastung Job & Kind & Mann selbst leben. Marklunds Art des Schreibens darf als extraflott bezeichnet werden.

Norwegens frühere Justizministerin Anne Holt war vor ihrer Politikerinnenkarriere schon eine bekannte Krimiautorin. „Im Zeichen des Löwen“ (Piper, München 2000, 415 Seiten, 18,90 Mark) hat eine Hauptkommissarin, Hanne Wilhelmsen, zur Protagonistin, die zwei Morde in höchsten politischen Kreisen aufzuklären hat. Holt zeichnet sich durch einen feinen Humor aus, vor allem gefallen ihre freundliche-bösartigen Dialoge aus den Zirkeln der politischen Einflussnahmen.

Kerstin Ekman, in Schweden stets als nobelpreisverdächtig gepriesen, schreibt gerne Generationengeschichten, die als Krimis daherkommen. „Am schwarzen Wasser“ (Piper, München 2000, 461 Seiten, 44 Mark) birgt zum Schmökern alles: Provinz, falsche Töne, verborgene Lüste ... Im Grunde lässt sich alles von ihr wie ein Krimi lesen.

Der Finne Arto Paasilinna muss seine Oma sehr gemocht haben. In dem Roman „Die Giftköchin“ (Lübbe, Bergisch-Gladbach 2000, 211 Seiten, 14,90 Mark) hat er ihr, Linnea Ravaska, ein Denkmal gesetzt. Die Heldin will eigentlich ihren Ruhestand genießen, aber ihr Neffe beginnt sie just immer am Rentenzahltag zu stören. Ein lustiges Buch trotz Missachtung des Sechsten Gebots. JAF