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: Von Füßen, Zehen und anderen unterschätzten Körpergliedern

Größe 38 liegt im Trend

Es soll zugegebenermaßen ein bisschen um Füße gehen heute. Obwohl ich eigentlich weder gerne über Füße spreche noch schreibe. Jedenfalls nicht über meine eigenen. Über anderer Leute Füße schon eher: Ein, greifen wir mal kess vor und sagen: trotzdem guter Freund zum Beispiel hat Füße, die aussehen wie große, viereckige, flache, beigebraune Lebkuchen, in die jemand mit einem nassen Messer vor dem Backen vier Einschnitte gemacht hat. Ein anderer, sagen wir mal kess „Freund“, dem ich viel verzeihe, hat Zehen, die aussehen wie das Atomium. Man nennt das übrigens „Froschfinger-Syndrom“. Wenn jener Mann kleine Gesichter auf seine kugelrunden Fußfortsätze malen würde, könnte er ein Puppentheater aumachen.

Eine meiner Freundinnen behauptet, sie habe Füße wie Schachteln und die Baker-Bradford-Volksweise „Clementine“ sei 1885 durch ein kleines Raum-Zeit-Kontinuum gerutscht und eigentlich für sie geschrieben worden: „Light she was and like a fairy, and her shoes were number nine, herring boxes, without topses, sandals were for Clementine ...“

Bleiben wir auf der Linksverkehr-Insel und kommen wir jetzt endlich mal zu Füßen am Abend. In Großbritannien, in dessen Pubs ich mich neulich eine liebe lange Weile (nämlich bis 23 Uhr abends) aufhalten durfte, musste ich mir die nackten Füße sämtlicher Britinnen angucken. Denn die kleinen Engländerinnen tragen auch im Winter weder Strümpfe noch Strumpfhosen, vermutlich weil sie von den Indianern abstammen und sich täglich abhärten. Oder wegen nicht näher zu definierender Geruchsprophylaxe-Versuchen.

War das schrecklich! Mein Cider schmeckte mir plötzlich gar nicht mehr. Ich sah mich von Zehen umgeben. Zehen mit Zehringen (im Gegensatz zu den Ringen, die man an den Händen trägt, stülpen die meisten Zehringträgerinnen den Schmuck nicht über den Ring- sondern über den Zeigezeh).

Als ob das irgendetwas ändern würde! Ein dicker Pickel wird ja auch nicht schöner, wenn man eine Schleife drumbindet. Aber noch schlimmer als die Zehringe im Pub war das im Nebenzimmer befindliche japanische Restaurant. Oh, Sie wissen, woher der Wind weht, nicht wahr? Aus der 70er-Jahre-Werbung für „Geruchsfresser“: „Ein richtiges japanisches Restaurant! Zieht eure Schuhe aus ...“

Da lob ich mir doch die fußkalten deutschen Bars mit ihren auf die Eins und die Drei stampfenden BesucherInnen in Turnschuhen und Stiefeln. Und um doch noch mal kurz auf den in der Überschrift anklingenden Wunsch zu kommen: Nicht die Vorstellung, einer Tradition mit unter Schmerzen kleingewickelten Füßen abzustammen, fasziniert an dieser Idee. Im Gegenteil. Angeblich hat sich jetzt, in den letzten Jahren, im tiefsten chinesischen Untergrund der Gegentrend entwickelt: Frauen mit besonders großen Füßen (in chinesischen Maßstäben wäre das etwa Größe 37 bis 38) sind total in. Megasexy. Je größer die Dinger, desto doller. Männer sind schon eigenartig.

JENNI ZYLKA