Wann starb Raoul Wallenberg?

Eine Stockholmer Zeitung behauptet, der schwedische Diplomat und Retter zehntausender ungarischer Juden sei erst im Jahr 1989 in der Sowjetunion gestorben

STOCKHOLM taz ■ Das Rätsel um den Todeszeitpunkt des schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg bleibt bestehen. Das jedenfalls zeichnet sich vor der für morgen anstehenden Veröffentlichung eines schwedisch-russischen Kommissionsberichts über den Fall Wallenberg ab. Während die Stockholmer Boulevardzeitung Expressen am Mittwoch meldete, Wallenberg habe entgegen offiziellen russischen Angaben noch 1989 gelebt, wird nach Informationen der Tageszeitung Dagens Nyheter nach wie vor von Moskau daran festgehalten, dass Wallenberg am 17. Juli 1947 hingerichtet worden sei. Wallenberg hatte während des Zweiten Weltkriegs in Budapest zehntausende ungarische Juden vor den KZs bewahrt.

Für einen weit späteren Todeszeitpunkt als bislang angenommen könnten laut dem Kommissionsvorsitzenden Hans Magnusson Hinweise sprechen, wonach Moskau 1966 versucht haben soll, Wallenberg gegen Stig Wennerström auszutauschen, einen Topspion in sowjetischen Diensten. Wennerström war 1963 vom schwedischen Geheimdienst verhaftet worden.

Die Kontaktversuche sollen über Carl-Gustaf Svingel gelaufen sein, einen schwedischen Pfarrer in Berlin, der mehrfach beim Austausch von Spionen zwischen Ost und West aktiv wurde. Wallenberg müsste logischerweise damals noch am Leben gewesen sein, so ein Teil der Kommission. Sie nimmt auch auf die Aussage eines Augenzeugen Bezug, wonach Wallenberg 1981 in eine psychiatrische Klinik in Moskau eingeliefert worden sein soll. Für den Todeszeitpunkt 1989 spricht nach dieser Theorie die Tatsache, dass man damals Wallenbergs Angehörige nach Moskau gebeten und ihnen dort die persönlichen Hinterlassenschaften von Wallenberg ausgehändigt habe: Pass, Adressenkalender, verschiedene Geldscheine und ein Zigarettenetui.

REINHARD WOLFF