neoliberalismus, first lady etc.
: Die britischen Tories wollen Madonna für den Wahlkampf gewinnen

Nach der Hochzeit

Es war eine Niederlage. Als Cosmopolitan in diesem Jahr ihreListe der „World‘s Hottest Women“ veröffentlichte, erreichte Margaret Thatcher nur Platz neun. Damit führte die ehemalige britische Premierminsterin zwar vor Britney Spears (Platz 13), war aber von einer anderen Konkurrentin weit abgeschlagen worden: Platz eins der Liste belegte Madonna.

Der amerikanische Popstar ließ es sich nicht nehmen, im Verlauf des Jahres weiterhin auf seiner Wahlheimat herumzuhacken. Die englischen Fans seien extrem aufdringlich, verkündete Madonna, außerdem sei die Zeitungslektüre eine Qual: „Überall springen einem Titten ins Auge“. Madonnas Versuch, die moralische Erneuerung des Landes von den Zentren der Monarchie her anzugehen, scheiterte allerdings zunächst: Lady Dis Bruder wollte sie nicht auf dem Familiensitz der Spencers heiraten lassen, und auch St. Paul‘s stand nicht zur Verfügung. So mussten Madonna und Guy Richie ihre Hochzeit am Freitag vor Weihnachten zuletzt in Schottland ausrichten. Die britische Öffentlichkeit wurde zur Strafe außen vorgehalten und bekam nur eine kurze, vorerst letzte moralische Lektion erteilt: Das Paar habe die Nächte vor der Hochzeit in getrennten Schlafzimmer verbracht. No news, no scandal. Ist das das Ende von Madonnas zweiter, britischer Karriere Karriere als Pop‘s Mum? Allein die britischen Konservativen glauben an sie. Vielleicht hat ihnen der pragmatische Umgang mit der Hochzeitsnacht gefallen, vielleicht haben die Köpfe der Partei sich aber auch an die Liste in der Cosmopolitan erinnert: Die Tories versuchen Madonna für den nächsten Wahlkampf zu gewinnen. Sie habe doch die Musik der Thatcher-Reagan-Ära geschrieben, schmeichelte ihr Michael Portillo – er gehe davon aus, dass Madonna neoliberale Ansichten vertrete.

Die Sängerin hat sich noch nicht geäußert, auf welche Seite sie sich politisch demnächst stellen werde. Wie hieß es doch in „Material Girl“: „The boy with the cold hard cash is always Mister Right“. Mister Blair sollte bald ein Angebot machen.

KOLJA MENSING