Erst Girls, jetzt Guy

Kreisch! Der britische Teenieschwarm Robbie Williams bekennt sich zu seiner Homosexualität

Alle tun es. Auch zur Weihnachtszeit. Wenn sich abzeichnet, dass bei einem Star aus der Musik- oder Filmbranche der Erfolg ein bisschen bröckelt, werden Gerüchte gestreut. Jetzt ist Robbie Williams dran. Bei einem Konzert in Paris hat er sich zu seiner Homosexualität bekannt: „Ihr dürft mich ab sofort Roberta nennen.“ Das Outing wird ein paar Millionen Teenagermädchen traurig machen, es kommt aber gerade recht, um den Verkauf seiner Weihnachtssingle anzukurbeln. Schließlich läuft die Ballade „Supreme“ nicht so gut an Christmas, stattdessen steht die Boygroup „Westlife“ an der Spitze der britischen Charts.

Alle tun es. Nicht nur zur Weihnachtszeit. Bei den Modeschauen in Paris zeigt sich der schwarze Rocksänger Lenny Kravitz mit einem Freund beim Empfang von Versace. Und seit der Toilettensexnummer von George Michael weiß auch der Mainstream, dass Männer gern bei Männern liegen. Für Williams soll die große Liebe mit Guy Chambers gekommen sein, der seit drei Jahren seine Songs schreibt. Das ist eine auch ökonomisch sehr lukrative Paarung!

Tatsächlich hat Williams schon mit dem Sex-Image gespielt, als er noch Wackelpeter bei „Take That“ war. Für die in den frühen 90er-Jahren erfolgreichste Boyband durfte Williams mit seiner Bisexualität kokettieren, um dann prompt einer neugierigen Journalistin sein Geschlechtsteil anzubieten. Das brachte in England enorme Aufmerksamkeit – immerhin war die Frau die bald doppelt so alte und dieses Jahr verstorbene Klatschreporterin Paula Yates.

Weil ihm sein Bild in der Öffentlichkeit wichtig ist, wechselte Williams nach der Trennung von Take That ins Rüpelfach, betrank sich rockmäßig auf Festivalbühnen und hing mit den Gallagher-Brüdern von Oasis ab. Seine Musik klang jedoch immer mehr nach Elton John, und „Angels“ bekam 1997 Dauerairplay bei allen Radiosendern. Zuletzt mimte Williams den Dandy, ließ sich im James-Bond-Smoking ablichten oder als Salonlöwe neben Bikinischönheiten.

In diese Zeit fällt auch seine flapsige Bemerkung, er möge Sodomie, wie er im Duett mit Kylie Minogue sang. Ob er damit Girls oder Guy meint, ist im Grunde egal. Die Sexualitäten sind zum Glück flexibel geworden – wer gestern als überkandidelter Macho galt, kann heute mit Leichtigkeit umschwenken. Das macht den coolen Marketing-Schachzug zum erstaunlichen Demystifizierungsakt. In solchen Posen hat Williams am meisten Übung: Für „Rock DJ“ wurde er sogar in ein tanzendes Skelett verwandelt. Wie lange sich nun dieses Gerücht hält, wird die nächste Single zeigen. HARALD FRICKE