Mitten in der Nacht

■ Abschiebung im eigenen Interesse?

So etwas sollte es eigentlich aus humanitären Gründen nicht mehr geben: nächtliche Überfälle zwecks Abschiebung. Darauf haben sich im September die rot-grünen Koalitionäre in Hamburg nach langem Streit in einer Drucksache geeinigt. Doch es kam wieder einmal anders. In der Nacht zum Mittwoch erschienen gegen 3.30 Uhr Ausländerbehörden-Mitarbeiter in der „Jugendpension Poppenbüttel“ für unbegleitete Jugendliche, um den 17-jährigen Afghanen Ali Radjabsade abzuschieben. In Handschellen wurde er – vor den Augen der verstörten Mitbewohner – abgeführt und schnurstracks nach Tschechien gebracht.

Für Ausländerbehörden-Sprecher Norbert Smekal steckt der Teufel im Detail: Da im Fall Radjadsade in Tschechien ein Asylverfahren anhängig sei, handele es sich nicht um eine „Abschiebung“, sondern um eine „Zurückschiebung“. Damit, so Smekal, „gelten die Bestimmungen der politischen Drucksache nicht“. Und da „Zurückgeschobene“ nur bis 13 Uhr in Tschechien aufgenommen werden, müsse der Transport zu früher Stunde beginnen, andernfalls bliebe ein Tag Überbrückungshaft. Smekal: „Das ist im Interesse des Betroffenen unzumutbar.“

Der Regenbogen-Bürschaftsabgeordnete Lutz Jobs schäumt über Rot-Grün: „Statt Drucksachen zu produzieren, die das beschriebene Papier nicht wert sind, müssen GAL und SPD der Ausländerbehörde Einhalt gebieten“, fordert er: „Erschreckend ist, dass sie dazu offensichtlich weder willens noch in der Lage sind.“ ms