„Nichts, was ich lieber tue!“

■ Über die Botschaft der Countrymusik, Jugendträume und ein bisschen Dreck im Leben: Ein Interview mit „Cow“-Girl, Sängerin und Multi-Instrumentalistin Peta Devlin

Sie war in ihrer Heimat England auf neun verschiedenen Schulen, bevor sie das nomadisierende Leben nach Hamburg verschlug: Peta Devlin, ehemalige Bassistin von Die Braut haut ins Auge. Seit das Multitalent kürzlich die Country-Band Cow gründete, jagt sie mit Mandoline, Gitarre und grandioser Stimme anderen Menschen wohlige Schauer über den Rücken. Bei Cow heißt Country nicht nur Blue-grass und Walzer, auch Swing und französische Chansons passen ins Programm. Dazu bedienen sich Cow bei alten Country-Größen wie Dolly Parton und Porter Wagoner, oder schreiben eigene, oft mehrstimmig vorgetragene Songs. Die mit traditionellen Instrumenten wie Pedal Steel-Gitarre (Thomas Wenzel, file under Sterne, Goldene Zitronen), Geige (Ecki Heins) und Kontrabass (Thomas Butteweg, Sinalco Bums) ausgestattete Band war kürzlich in Deutschland auf Clubtour. Weil man da gerne eine Platte mitnimmt, gingen Cow im Juli dieses Jahres mit ihren Instrumenten ins Studio und kamen nach drei Tagen mit einem Tonträger wieder heraus. Jetzt feiern Cow in Hamburg die Veröffentlichung ihrer in limitierter Auflage selbst veröffentlichten CD im Molotow.  

taz hamburg: Peta, du hast diese kraftvolle Stimme. Ist die ausgebildet?

Peta Devlin: Nö, gelernt hab ich das eigentlich gar nicht. Aber meine Familie ist sehr musikalisch. Ich habe als Kind schon wahnsinnig viel gesungen, auch zu viert und mehrstimmig. Da lernt man die eigene Stimme mit anderen Stimmen zu mischen. Und es gibt nichts anderes, was ich lieber tue in meinem Leben, als singen.

Du hast sieben Jahre bei Die Braut haut ins Auge Bass gespielt. War das die Erfüllung eines Jugendtraumes?

Erstmal nicht. Mein absoluter Jugendtraum war eher eine Hardrock-Band zu haben. Ich hab mich so gesehen wie David Coverdale von Whitesnake, in dieser Macho-Rolle: Ganz vorne auf der Bühne und mit viel sexueller Wirkung. Ich dachte, dass sei toll, sowas als Frau zu machen. Als ich dann anfing bei der Braut Bass zu spielen, wurde diese Band ganz wichtig für mich, und manchmal glaube ich, auch für die deutsche Musiklandschaft. Weil wir als Frauenband sehr präsent waren und dadurch mit einigen Vorurteilen aufgeräumt haben, wie zum Beispiel, dass Frauen nicht richtig spielen können.

Die Braut war Rock-Pop, jetzt machst du Country – ist das Erwachsenen-Musik?

Na ja, für Jugendliche ist Country wohl nicht so interessant. Weil Country nicht so was Revolutionäres bietet wie Punk zum Beispiel. Punk drückt wunderbar diese Wutgefühle aus: dagegen sein, wichtig sein. Und das Gefühl, völlig miss-verstanden zu werden. Diese Gefühle spielen bei Country weniger eine Rolle.

Sondern?

Wenn man zum Beispiel nicht mehr weiß wohin, oder man sich fragt: „Was mache ich hier überhaupt in meinem Leben“. Das sind meistens Gefühle, die man eher so mit 30 hat, wenn man ein bisschen mehr reflektiert und zurück blickt. Und Country hat diese stolze „Du kriegst mich nicht unter“-Botschaft. Da geht es vielleicht um gebrochene Herzen, aber die Botschaft ist: „Ich werde wieder auf die Beine kommen“, denn sonst könnte ich hier gar nicht stehen und singen.

Wie seid ihr darauf gekommen, den Country-Rocksong „Move it on home“ zu covern?

Ich bin großer Dolly Parton-Fan, nicht nur weil sie gute Lieder hat und großartig singt. Sie ist auch eine der wenigen Frauen, die fast immer ihre eigenen Lieder geschrieben hat. Heute wird Dolly Parton eher als Witzfigur abgetan oder ignoriert. Aber ich glaube, sie war sehr clever und hat das Image der Blondine mit dem großen Busen kalkuliert so aufgebaut. „Move it on home“ von ihr und Porter Wagoner kann man gut auf so eine soulig-trashige Art machen, das hat uns gereizt.

Man kann hören, dass ihr bei den Aufnahmen viel Spaß hattet...

...das ist toll, wenn das so rüber kommt. Und wenn ich live einen Teil dieser Freude ganz entspannt ins Publikum fließen lassen kann, dann freue ich mich. Außerdem wäre es schön, eine Offenheit für diese Art von Musik aufzubauen. Dass Leute nicht sofort sagen „Iiieeh, Country-Musik, das mag ich nicht“, bevor sie das überhaupt gehört haben. Country hat immer noch einen schlechten Ruf.

Du bist jetzt Frontfrau einer hochkarätigen Band. Die anderen nennen dich Chefin. Ist das eine leichte Rolle?

Das mit der Chefin ist eher so ein running gag. Da stehen drei talentierte, teilweise bekannte Musiker und nennen die Frau vorne Chefin. Das findet das Publikum amüsant. Aber wir sind schon ziemlich gleichberechtigt. Ich habe eher das Gefühl, die anderen stehen neben mir, als hinter mir. Dass ich als Frontfrau den Druck habe, eigene Stücke zu schreiben, gefällt mir gut.

Würdest du in einer anderen Band auch mal wieder weiter hinten stehen?

Ja, ich habe auch schon eine neue Band, da spiele ich Bass und sonst nichts. Eine Punkband mit zwei Musikern von Dackelblut. Das brauche ich, um auch ein bisschen Dreck in meinem Leben zu haben. So mit dem Bass vor den Knien richtig breitbeinig dazustehen und loszubraten.

Interview: Susie Reinhardt

Donnerstag, 21 Uhr, Molotow