Wahnsinn ab heute getestet

BSE-Tests sind in Deutschland ab sofort Pflicht. Doch den Instituten fehlt es an Mitarbeitern und Laborplätzen. In Frankreich vier neue BSE-Fälle. EU will Landwirte bis zu 70 Prozent entschädigen

BERLIN taz/ddp ■ Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke geht der Beschluss der EU, die Verfütterung von Tiermehl für sechs Monate zu verbieten, nicht weit genug. Er will sich in den nächsten Monaten für eine Verlängerung dieser Frist einsetzen. Rücksicht nimmt Funke mit der Forderung nach längeren Fristen weniger auf den sinkenden Wurstappetit europäischer Verbraucher als auf die Futtermittelindustrie, die sich auf die Umstellung mit kostspieligen Investitionen einstellen muss. In Deutschland bleibt das seit Samstag geltende Verbot unbefristet.

Der Beschluss der Agrarminister, alle Tiere, die älter als 30 Montate sind, in Deutschland ab heute und in der EU ab dem 1. Januar auf BSE zu testen, hat bei den BSE-Test-Instituten zu fieberhaften Tätigkeiten geführt. Tests sind zwar genug da, allerdings fehlen den sechs zuständigen deutschen privaten Instituten noch Mitarbeiter und Laborplätze. In Schleswig-Holstein hat die Ankündigung der obligatorischen Tests kurzfristig zu einem Anstieg der Schlachtungen geführt, weil Bauern offensichtlich trotz fallender Preise den Tests ausweichen wollten. Engpässe werden dank entsprechender Vorbereitungen bei den Instituten und Schlachthöfen nicht erwartet, auch weil die Nachfrage nach Rindfleisch sinkt und voraussichtlich entsprechend weniger geschlachtet wird. Die Kostenerstattung für Fleischaufkäufe, die die Landwirte in Höhe von 70 Prozent aus EU-Töpfen erhalten sollen, will Funke direkt mit rund 150 Millionen Mark ergänzen.

Die Grünen warnten wegen des Tiermehlverbots vor dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland. Genforscher forderten dagegen einen legalen Anbau von Genraps. Derzeit liefen Forschungsprojekte zur Verbesserung des Nährwertes von Rapspflanzen als Futtermittel, sagte Karin Sonntag von der Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ).

Während die EU sich zu Maßnahmen hat durchringen können, gibt es bereits neue BSE-Meldungen. In Frankreich wurden gestern vier neue Fälle bekannt. Damit erhöht sich die Zahl erkrankter Tiere dort auf 125 allein in diesem Jahr. Insgesamt fielen in der Frankreich seit 1991 dem Rinderwahn 205 Tiere zum Opfer. Zwei Menschen erkrankten an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. MAIKE RADEMAKER