Staatliche Sabotage oder ein Unfall?

Ein ungeklärter Flugzeugabsturz vor zwanzig Jahren löst zwei Rücktritte in der portugiesischen Regierung aus

MADRID taz ■ Jahrestage sind nicht immer angenehm. So löste der 20. Todestag des ehemaligen Premierministers Francisco Lumbrales Sa Carneiro jetzt in Portugal in der Regierung zwei Rücktritte aus. Carneiro war am 4. Dezember 1980 zusammen mit seinem Verteidigungsminister Adelino Amaro da Costa bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Ein Unfall, lautet die offizielle Version, an der Justizminister Antonio Costa festhält. Die Cessna sei im Auftrag mehrerer Generäle der portugiesischen Armee manipuliert worden, glauben andere.

Die Familienangehörigen von Sa Carneiro beschuldigen Regierung und Justiz, den Fall systematisch zu verschleppen. Ihr Anwalt ist der für die Staatsanwaltschaft zuständige Staatssekretär Ricardo Sa Fernandes. Der Fall sei „die größte Schande der portugiesischen Justiz“, meint Fernandes. „Miserable Kritik“, hält sein Genosse aus der regierenden Sozialistischen Partei, Justizminister Costa, dagegen. Am Montagabend reichten beide ihren Rücktritt ein und zwangen so Premierminister und PS-Generalsekretär Antonio Guterres zur Stellungnahme. Er überzeugte seinen Justizminister, im Amt zu bleiben, und nahm den Rücktritt von Sa Fernandes an. Eine Entscheidung, die den Verdacht, von staatlicher Seite werde etwas vertuscht, nur noch stärkt.

„Nach der Analyse aller Beweise kam ich zu dem Schluss, dass es sich um eine politisches Verbrechen handelte“, sagt Sa Fernandes. Der Anschlag habe nicht Carneiro gegolten, der nur zufällig an Bord war, sondern Verteidigungsminister Costa. Der erste Zivilist in diesem Amt hatte eine Untersuchung gegen Waffenschieberbanden in der portugiesischen Armee veranlasst. Hinter den dunklen Geschäften mit Waffen aus den ehemaligen portugiesischen Kolonien, die über Umwege an die beiden kriegführenden Golfanrainer Iran und Irak verkauft wurden, vermutete Costa den Präsident der Republik, Ramalho Eanes, und den damaligen von Militärs kontrollierten Revolutionsrat.

„Das Ganze wurde aus Angst vor einem Bürgerkrieg vertuscht. Mit der Zeit wurde es dann immer schwerer, überhaupt noch etwas aufzudecken“, erklärt Sa Fernandes. Er verlangt eine Wiederaufnahme der Gerichtsverfahrens. Er stützt sich auf das Ergebnis von zwei Untersuchungsausschüssen im Jahr 1995 und 1999. Beide Male kamen die Parlamentarier zum Schluss, dass „Indizien für eine Sabotage vorliegen“.REINER WANDLER