JULIAN NIDA-RÜMELIN WIRD AUF SEINEN PLATZ PASSEN
: Neu auf der Regierungsbank

Er hat volle Locken, kaum ein graues Haar, und selten hat man ihn ohne ein gewinnendes Lächeln gesehen. Wenn es unter den Politikerköpfen dieses Landes einen gibt, den man als gefällig bezeichnen könnte, je nach Geschmack sogar als hübsch, dann ist es der schmale Schädel von Julian Nida-Rümelin.

Kann man sich aber den 1954 geborenen Münchner in Berlin vorstellen, wo er aktuell als Naumann-Nachfolger im Amt des Staatsministers für Kultur im Gespräch ist? Dies wiederum ist eine andere Frage, zu welcher der Kandidat gestern nicht persönlich gehört werden konnte. „Derzeit unabkömmlich“, hieß es aus dem Münchner Kulturreferat.

In der bayerischen Landeshauptstadt ist der politische Ziehsohn von SPD-Bürgermeister Christian Ude seit Juli 1998 Kulturreferent und als solcher naturgemäß nicht unumstritten. Mit Dieter Dorn, dem scheidenden Intendanten der Münchner Kammerspiele, unterhält der Mittvierziger seit einem Jahr eine Privatfehde. „Münchens bestangezogenes Stück Seife“, hat Dorn ihn einmal genannt. Womöglich ist es auch diese vollkommen dialektfreie Seifigkeit, der man es zutraut, auf jeden frei werdenden Platz in der politisch-kulturellen Hierarchie zu glitschen. Er wird darauf passen – und gut aussehen obendrein.

Zumindest im Wissenschaftsbetrieb ist Nida-Rümelin schon lange wer: In den Achtzigern Dozent für politische Wissenschaften am Geschwister-Scholl-Institut, ab 1991 leitete der Bildhauersohn als einer der jüngsten Ordinarien Deutschlands das Institut für Philosophie an der Uni Göttingen. Der Herausgeber einer Buchreihe über die Philosophie der Gegenwart hat in den letzten Jahren über angewandte Ethik, Ästhetik und Kunstphilosophie publiziert.

Als Kulturreferent kümmert sich der im väterlichen Atelier unter Tierskulpturen Aufgewachsene auch verstärkt um die Kunst im öffentlichen Raum. Das kann, wie Ende 1999 bei „München im Kunstlicht“, bloß dekorativ sein. Oder – wie beim Neubauprojekt der Messestadt Riem – in der Warteschleife der Bürokratie hängen bleiben. Angepackt jedenfalls wird es.

Auch in die SPD, der Nida-Rümelin seit seinem 19. Lebensjahr angehört, ist er nach eigenen Aussagen eingetreten, weil ihm die Partei nach der Landtagswahl von 1974 recht hilfebedürftig vorkam. Nachvollziehbar, wenn Bekannte aus Juso-Tagen den ewig jugendlichen Intellektuellen als „typischen Streber“ erinnern.

Ein wenig zu glatt greift in seiner Biografie bislang alles ineinander. Egal, ob er derzeit in München zum Thema jüdisches Zentrum, Stadtteilkultur oder Gentechnologie das Wort ergreift: stets wirkt seine Rede besonnen und eloquent. Als dauerlächelnder Besucher von Premieren und Ausstellungseröffnungen entspricht er jedoch auch dem Bild von einem, der grenzenlos galant sein kann – wenn es sich für ihn lohnt. SABINE LEUCHT