Still, aber zäh

Mit Dana International sollte alles besser werden. Die transsexuelle „Diva“, die vor zwei Jahren den Grand Prix gewonnen hatte, verschwand allerdings bald nach ihrem Erfolg wieder aus den Schlagzeilen. Trotzdem: Dana hat die Schwulenszene für eine Weile ins Gespräch gebracht, und auch Menschen, denen Homosexuelle zutiefst suspekt sind, mussten sich mit ihr auseinander setzen.

Allen voran Schlomo Benisri, ehemals Gesundheitsminister und Abgeordneter der orientalisch-orthodoxen Schass-Partei. Für ihn sind Schwule schlicht krank, weshalb er mit einem Gesetzentwurf vor die Knesset ging, der vorsah, dass sich Homosexuelle kostenfrei psychologisch behandeln lassen können. Der Entwurf kam im Parlament nicht durch.

Inzwischen sind sowohl Dana als auch Benisri wieder weg vom Fenster. Die Schwulen und Lesben bewegen sich wieder mehr im Stillen, abgesehen vom Christopher Street Day, an dem vielleicht 20.000 zusammenkamen und selbst der sonst eher spröde Bürgermeister von Tel Aviv ein Grußwort sprach. Tel Aviv ist die Stadt, in der es sich für Homosexuelle ganz gut leben lässt. Da gibt es die entsprechenden Cafés und Kneipen, regelmäßig riesige Partys nur für Frauen oder eben auch nur für Männer, und natürlich Saunas. Bisweilen traut sich hier ein Homopaar sogar, Händchen zu halten. Beim Spaziergang am Strand etwa, wo ein kleiner Abschnitt für Schwule und Lesben vorgesehen ist.

Das wäre in Jerusalem undenkbar. Händchen haltende Männer werden in der Hauptstadt nicht geduldet. Jerusalem ist eine religiöse Stadt, in der Meinungen à la Benisri vorherrschen. Schon Lederhosen oder rot gefärbte Haare würden hier zumindest böse Blicke herausfordern.

Wie stark die Schwulenlobby von Tel Aviv ist, musste der Popstar Meir Arieli erfahren, als er seine Karriere mit Sprüchen wie „Schwule sollten keine Eltern sein dürfen“ von einem Tag auf den anderen beendete. Die Szene organisierte Demonstrationen und empfing Arieli zu seinen Konzerten mit faulen Eiern und Tomaten, bis der reuige Schlagersänger schließlich alle Auftritte absagte. Zwei Jahre lang war von ihm nichts mehr zu hören. Vor einigen Monaten starb er an einem von einer Zecke übertragenen Virus. Doch auch nach seinem Tod war die Szene kaum willig, ihm zu verzeihen.

Schwule und Lesben sitzen in Rechtsanwaltbüros, in Zeitungsredaktionen und beim Radio. Es lohnt sich für niemanden, Ärger mit ihnen zu bekommen. Mühsam ist hingegen der lange Weg zur rechtlichen Gleichstellung. An eine Eheschließung ist im Judenstaat überhaupt nicht zu denken, denn die Personenrechte sind Monopol der Rabbiner. Dennoch gab es eine Reihe von richtungweisenden Urteilen des Obersten Gerichtshofs, der zum Beispiel erst vor einigen Monaten zwei Frauen zu den offiziellen Eltern eines durch künstliche Befruchtung gezeugten Jungen erklärte. Die KLAF (Gemeinde der feministischen Lesben) schaffte es auch, die peinliche Prozedur einer psychologischen Untersuchung für allein stehende Frauen, die sich des Angebots der Samenbank bedienen wollen, per Urteilsspruch abzuschaffen.

Nicht nur der Oberste Gerichtshof ist der Szene tendenziell gewogen. Die israelische Fluggesellschaft El Al lässt die Partner ihrer Stewards zum Tarif von Eheleuten fliegen, und sogar das Militär erkannte den Lebensgefährten eines hohen Offiziers, der einer Krankheit erlag, als dessen offiziellen Witwer an (siehe nebenstehenden Text). SUSANNE KNAUL